42. Baden-Württembergische Literaturtage Ettlingen

Bildung & Wissen // Artikel vom 13.03.2025

Christine Westermann (Foto: Ben Knabe)

Nach 1999 und 2021 ist Ettlingen wieder Baden-Württembergs Literaturhauptstadt.

Unter dem auf Nora Krugs preisgekrönter Graphic Novel basierenden Leitthema „Heimat(en)“ sind die „Literaturtage“ zurück – mit einem rund 25 Veranstaltungen umfassenden Programm, das einen Schwerpunkt auf Autoren mit Migrationsgeschichte legt. Eine Open-Air-Ausstellung (13.3.-2.5., Horbachpark) präsentiert Auszüge aus „Heimat“, das sich mit der deutsch-amerikanischen Familiengeschichte der Karlsruher Autorin und Illustratorin während der NS-Zeit befasst. Eröffnet werden die „Literaturtage“ von Jagoda Marinić (Do, 13.3., 19 Uhr, Schlossgartenhalle), die in „Sanfte Radikalität“ der Frage „Wie geht Wandel vor Ort?“ nachgeht; außerdem liest sie aus ihrem Romanklassiker „Restaurant Dalmatia“, der „den sogenannten Gastarbeitern ein Denkmal“ (FAZ) setzt.

WDR-Moderatorin und Autorin Christine Westermann (So, 16.3., 19 Uhr, Stadthalle), an der Seite von Götz Alsmann mit der Promi-WG-Show „Zimmer frei!“ bekannt geworden und vier Jahre Teil des „Literarischen Quartetts“, erzählt in „Die Familien der anderen“, wie Bücher zu ihrer Heimat wurden; Ilija Trojanow (Do, 20.3., 19.30 Uhr, Schlossgartenhalle, Foto rechts oben: Thomas Dorn), bekannt für seine Romane „Der Weltensammler“ und „Macht und Widerstand“ sowie seine Reisereportage „An den inneren Ufern“ reflektiert in „Nach der Flucht“ virtuos-poetisch, wie er 1971 als Kind aus Bulgarien geflohen ist – von Sofia nach Deutschland, wo seine Familie politisches Asyl erhielt, weiter nach Kenia, wo Trojanow bis 1984 großteils lebte, nach einem Aufenthalt in Paris Rechtswissenschaften und Ethnologie in München studierte, zwei Verlage gründete und heute in Wien lebt. Er berichtet von seinen Prägungen als lebenslang Geflüchteter, von der Einsamkeit, die das Anderssein tagtäglich bedeutet, wie wenig die Vergangenheit am Ort seines neuen Daseins zählt, was das Existieren zwischen zwei Sprachen mit ihm macht, welche Lügengeschichten man den Daheimgebliebenen auftischt und dass man vor der Flucht wenigstens wusste, warum man unglücklich war.

„Heute Show“-Autor Manuel Butt (Fr, 21.3., 20 Uhr, Grünhaus der Stadtwerke) gastiert mit seinem humorvollen Debütroman „Zierfische in Händen von Idioten“ und Cornelia Tomaschko (Do, 27.3., 20 Uhr, Volksbank) stellt begleitet von Gitarrist Volker Schäfer „Mein Südschwarzwald“ vor. „In die andere Richtung jetzt“ heißt das neueste Buch von Navid Kermani (So. 30.3., 18 Uhr, Schlossgartenhalle), über das er mit Kulturjournalistin Shirin Sojitrawalla spricht. Annette Pehnt (Do, 3.4., 20 Uhr, Stadtbibliothek) liest aus „Die schmutzige Frau“ und SWR-Moderatorin Stephanie Haiber spricht mit Kabarettist Florian Schroeder (Sa, 5.4., 20 Uhr, Stadthalle) über dessen Bestseller „Unter Wahnsinnigen. Warum wir das Böse brauchen“. Dabei trifft der Satiriker, Parodist, Radio- und Fernsehmoderator, Träger des „Deutschen Kleinkunstpreises“ 2021 und Bestsellerautor einen Holocaust-Leugner im Gefängnis, begegnet einem Sexualstraftäter auf seinem Weg nach draußen, erlebt einen Mann, der ein Doppelleben geführt hat, ist mit der Letzten Generation unterwegs und besucht Nato-Soldaten in Litauen, die sich auf den Krieg vorbereiten. Seine Recherchen führen ihn zu Psychologen und Kriminologen, Tätern und Opfern, Philosophen und Aktivisten – und immer wieder zu sich selbst und seiner eigenen Geschichte.

Neben Lesungen und Buchgesprächen präsentiert Ettlingen die Literatur in vielfältigen Erscheinungsformen: Drehbuchautor Murad Abu Eisheh (Di, 18.3., 20 Uhr, Kino Kulisse) zeigt seine preisgekrönten Kurzfilme „Tala’ Vision“ und „A Calling. From The Desert. To The Sea“, die sich mit soziopolitischen Ungerechtigkeiten im östlichen Mittelmeerraum auseinandersetzen. Ums aktive Mitgestalten geht’s am interaktiven Rätselspaßabend „Wo ist hier der Ausgang?“ u.a. mit dem Autorenduo der Kosmos-„Exit“-Spiele Inka und Markus Brand, die die spannendsten Fragen rund um die Spiele beantworten: Wie entstehen sie? Werden erst die Rätsel oder die Geschichte geschrieben? Und trägt der Teamplayergedanke zum immensen Erfolg der Spiele bei, die das Gefühl eines Live-Escaperooms nach Hause bringen. Neben den klassischen Spielen, die zerschnitten, geknickt oder bemalt werden, hat sich die eine Kombi aus Rätselspaß und Lesevergnügen darstellende „Exit“-Buchreihe etabliert. Autor Jens Baumeister liest daraus und lädt das Publikum zu weiterem Rätseln ein (So, 23.3., 18 Uhr, Stadthalle). Es gibt einen Poetry-Slam-Workshop (Sa, 22.3., 14-18 Uhr) mit Moritz Konrad und Natalie Friedrich und anschließender Performance vor Publikum (20 Uhr, Stadtbibliothek); am Do, 27.3., 20 Uhr, folgen die Profis in der Stadthalle, das Slam-Kombiticket für 15 Euro ermöglicht auch den Besuch des „Singer/Songwriter-Slams“ (Fr, 28.3., 20 Uhr, Schloss). Die „Nacht der Bibliotheken“ (Fr, 4.4., 18-22 Uhr, Stadtbibliothek) umfasst Quizze, Brettspiele und Kreativworkshops.

Höhepunkt: das „Literarieté“ mit Wortspieler und Sprachakrobat Markus Jeroch. Literatur, Theater und Musik vereint die „Literarische Schlosskulturnacht“ (Sa, 15.3., 18-23 Uhr), für Kinder ab drei wird das „Geschichtenfest“ (Sa, 29.3., 14-18 Uhr, Schloss) gefeiert. Musikalische Akzente setzen zwei Konzerte des Ettlinger Jazzclubs mit Karl Frierson (Fr, 14.3., 20.30 Uhr, Schloss,) und dem Lorenzo Petrocca Trio (Fr, 21.3., 20.30 Uhr, Birdland 59) sowie das Sinfonieorchester Ettlingen bei „Grieg: Peer Gynt, Weinberg, Bartók & Smetana“ mit szenischer Lesung von Carsten Dittrich (Sa, 22.3., 19 Uhr, Stadthalle), bevor sich die „Schubertiade“ (Mi, 2.4., 20 Uhr, Schloss) auf „Winterreise“ begibt. -pat

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 2 plus 7.

WEITERE WISSEN & BUCH-ARTIKEL