„Meister, Fachwirte, Techniker sind das Rückgrat der Betriebe“
Bildung & Wissen // Artikel vom 15.07.2014
Alfons Moritz, Leiter des IHK-Bildungszentrums Karlsruhe, spricht im INKA-Interview über Strategien zur Fachkräftesicherung und die Chancen beruflicher Weiterbildung in der Technologie Region.
INKA: Steuern die Betriebe in der Technologie Region Karlsruhe auf eine Fachkräftelücke zu?
Alfons Moritz: Wir haben in manchen Berufsfeldern aufgrund des rückläufigen Bevölkerungswachstums bereits Fachkräftedefizite, in anderen nicht. Wenn wir von Fachkräftemangel sprechen, müssen wir unterscheiden nach Berufsfeldern, Berufsqualifizierten, Hochschulabsolventen, Regionen. Dass zum Beispiel Ingenieure in den Mint-Fächern – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – auf dem Arbeitsmarkt Mangelware sind, hat sich herumgesprochen. Weniger bekannt ist, dass wir Probleme haben, Stellen mit nichtakademischen Mint-Fachkräften zu besetzen.
INKA: Was bedeutet das für die Betriebe? Wie kann man gegensteuern?
Moritz: In den kommenden Jahren gehen mehr gut qualifizierte Mitarbeiter in den Ruhestand, als junge Fachkräfte nachwachsen. Weil wir kein wertvolles Know-how verlieren wollen, versuchen wir, mehr Schulabgänger für die duale Ausbildung zu gewinnen. Wir bieten Studienabbrechern verkürzte duale Ausbildungen an, werben für mehr berufliche Fort- und Weiterbildung und heißen qualifizierte Zuwanderer willkommen. Wenn diese Maßnahmen ineinandergreifen, schafft das Synergien im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
INKA: Ist es nicht so, dass immer mehr Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken wollen? Bildungsexperten behaupten, Deutschland brauche mehr Hochschulabsolventen.
Moritz: Natürlich brauchen wir Hochqualifizierte. Wir brauchen aber auch Fachwirte, Meister und Techniker. Sie sind das Rückgrat der Betriebe. Für viele Schulabgänger wäre eine duale Berufsausbildung mit anschließender Fort- und Weiterbildung eine gute Alternative. Deutschland besitzt ein international hochangesehenes duales System beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Chancen auf diesem Weg beruflich aufzusteigen, sind besser denn je. Oft ist die Bildungsrendite ebenso hoch wie bei Hochschulabsolventen. Mit unseren Programmen „Wirtschaft macht Schule“ und „Mint Career“ schaffen wir dafür Bewusstsein und Anreize.
INKA: Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) beobachtet einen Trend zur beruflichen Fort- und Weiterbildung. Wie ist die Tendenz in der Technologie Region Karlsruhe?
Moritz: Die Anzahl der Fortbildungsprüfungen vor der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe hält sich seit Jahren auf hohem Niveau: Rund 2.200 Frauen und Männer legen jedes Jahr eine Fortbildungsprüfung vor der Industrie und Handelskammer ab. Ein Aufwärtstrend lässt sich an der Anzahl der in unserem Hause durchgeführten Beratungen ablesen.
INKA: Trotzdem hofft die Wirtschaft auf Fachkräfte, die aus anderen EU-Ländern zu uns kommen.
Moritz: Wir brauchen die Zuwanderung gut ausgebildeter, qualifizierter Menschen. Davon profitieren unsere Wirtschaft und unser Standort. Unsere Aufgabe ist es, mehr zugewanderte Fachkräfte für die berufliche Fort- und Weiterbildung zu gewinnen. Auch die vielen Tausend Pendler, die täglich aus dem nahen Elsass zu uns kommen, wollen wir ermutigen, die Möglichkeiten beruflicher Fort- und Weiterbildung zu nutzen. Sie haben sehr gute Chancen, hier beruflich voran zu kommen.
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