Push Start – The Art Of Video Games

Bildung & Wissen // Artikel vom 01.02.2015

Wo Ende der 70er nur eine Ansammlung grober Pixel zu erkennen war, lässt sich heute eine neue Kunstform ausmachen.

Nicht erst seit der ZKM-Ausstellung „Gameplay“ ist klar: Computerspiele sind weit mehr als nur nostalgische Zocker-Reminiszenzen an die zunehmend verklärt erscheinende Jugend; hier verschmelzen Technologie, Interaktion und Design zu einer eigenen Multimedia-Ästhetik. Die 60-jährige Evolution dieser „Art Of Video Games“ zeigt Medientheorie-Professor Stefan Günzel in seinem 380-seitigen Kompendium „Push Start“ (Earbooks).

Hinter dem ikonischen „Space Invaders“-Prägedruck-Cover mit lackierter Banderole verbergen sich 220 großteils farbbrillante 28x28-Zentimeter-Screenshots - vom ältesten grafischen Computerspiel, der Tic-Tac-Toe-Variante „Oxo“ aus dem Jahr 1952, und Early Games wie „Pong“, „Combat“ oder „Snake“ über die goldene Arcade-Ära mit ihren Coins verschlingenden Automatenhallenhits „Asteroids“, „Pac-Man“, „Donkey Kong“, „Bomb Jack“, „Outrun“ und „Mortal Kombat“, den 8-Bit-Heimcomputer- und Spielkonsolen-Anfängen 1983 mit „Bubble Bobble“, „The Legend Of Zelda“, „Double Dragon“, „R-Type“, „Super Mario Land“ oder „Prince Of Persia“ und den 16-Bit-Prozessoren-Sprung, als 1991 „Sonic The Hedgehog“ drohte, Nintendos Super-Klempner den Rang abzulaufen (und Titel wie „Sim City“, „Another Wolrd“, „Sensible Soccer“, „Doom“ und „Metal Slug“ schwer angesagt waren) bis hin zu den mit der 64-Bit-Architektur 1996 einsetzenden immer realitätsgetreueren 3D- (u.a. „Tomb Raider“ und „Worms Armageddon“) und aktuellen High-Definition-Spielen wie „Grand Theft Auto V“.

Die Faszination des Buchboliden liegt aber ganz klar im charmant-kantigen 80er- und 90er-Jahre-Gamedesign begründet, als Computerspiele noch mit einfachsten Hardware-Mitteln, dafür aber fantasievollen Storys und kultigen Charakteren denn mit bloßen Schauwerten glänzen mussten - und in denen vielleicht tatsächlich nur jene mehr als digitale Höhlenmalerei sehen können, die lange bevor Online-Games (wie sie etwa HandyCasino.de anbietet) in Mode kamen noch mit Competition-Pro-Joystick, EGA- und VGA-Grafiken, langen Ladenbalken und toastbrotscheibengroßen Disketten aufgewachsen sind und eine gepflegte Partie „Kick Off“ jeder neuerlichen „Fifa“-Version vorziehen.

Dieser Meilenstein der Fußballsimulation wird allerdings ebenso ausgespart wie viele maßgebliche Point-and-Click-Adventures von Lucas Arts nach der Veröffentlichung des ersten Scumm-Games „Maniac Mansion“ („Zak McKracken And The Alien Mindbenders“ oder die „Monkey Island“-Reihe); Sierra muss ohne „King’s Quest“, „Space Quest“ und „Police Quest“ leben und ist lediglich mit dem noch über Textparser gesteuerten „Leisure Suit Larry In The Land Of The Lounge Lizards“ vertreten. Dass dazu noch Nintendos LCD-Spiel-Serie Game & Watch und der seiner Zeit vorauseilende Atari ST im historischen Abriss der wichtigsten Maschinen zwischen NES, Amstrad Schneider, Amiga, Master System und Mega Drive, Game Boy, Neo Geo, Playstation, Wii und Xbox komplett totgeschwiegen wird, ist eine kleine Ungereimtheit dieses groß aufgemachten wertigen Kunstbandes.

Analoger Gimmick: die neongelbe 10-Inch-Vinyl-Scheibe mit acht Big-Twice-Remixen von Kult-Games wie „Super Mario Bros.“, „Mega Man“, „Space Harrier“ oder „Tetris“, die es via beigelegtem Gratis-Download-Code für alle Spätgeborenen auch als MP3-Fassung gibt. -pat

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