Wann kann in Deutschland legal gekifft werden?

Bildung & Wissen // Artikel vom 25.09.2023

INKA Auszeichnung

Als die Ampelregierung im Herbst 2021 ihren Dienst antrat, war eines ihrer dringlichsten Anliegen die Legalisierung von Cannabis.

In der Cannabis-Branche knallten schon die Korken, als im Koalitionsvertrag die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Geschäften“ festgeschrieben wurde.

Nachdem knapp die Hälfte der Legislaturperiode vorüber ist, steht ein Gesetzentwurf fest, der dieses Unterfangen manifestiert. Allerdings musste Gesundheitsminister Karl Lauterbach einige Änderungen einbauen, sodass die Legalisierung nun in abgeschwächter Form daherkommt. Zudem sind noch weitere rechtliche Hürden zu überwinden. Bisher ist davon auszugehen, dass im Januar 2024 der erste legale Joint in Deutschland angezündet werden darf.

Das Cannabis-Verbot & seine Ursprünge

In Deutschland wird der 10.12.1929 als der Tag festgehalten, an dem das Cannabisverbot eingeführt wurde. Der Reichstag beschließt auf internationalen Druck das sogenannte Opiumgesetz. Die Herstellung und der Verkauf von Opium und Cannabis wurde dabei ausschließlich auf medizinische und wissenschaftliche Zwecke beschränkt.

Das Opiumgesetz wurde 1971 in das sogenannte Betäubungsmittelgesetz (BTMG) integriert. Seitdem sind hierzulande Anbau, Handel, Kauf und Besitz von Cannabis und Cannabis Samen strafbar.

Bundestag gibt Cannabis 2017 zu medizinischen Zwecken frei

Die Kritik am rigiden Vorgehen gegen Cannabis wurde stetig lauter. Cannabis ist für viele Menschen keine harte Droge wie Heroin oder Ecstasy. Vielmehr erkennen sie in der Jahrtausende alten Heil- und Nutzpflanze eine Menge Vorzüge für Körper und Seele.

Auch in der Wissenschaft wird Cannabis inzwischen mit anderen Augen betrachtet. Schon 2017 wurde es für medizinische Zwecke freigegeben. Aus dieser Perspektive ist die aktuelle Legalisierung für den Freizeitgebrauch nur ein folgerichtiger Schritt.

Ampelregierung will Cannabis bis Ende 2023 legalisieren

Die Koalitionspartner stimmen überein, dass die bisherige Verbotspolitik gescheitert ist. Parallelen zur Prohibitionszeit der USA der 2023 Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind unübersehbar. Damals brachte ein Alkoholverbot einen Anstieg der Kriminalität in Form eines grassierenden Schwarzmarktes mit sich und die Bevölkerung litt unter der mangelnden Qualität der unter der Hand verkauften Produkte.

Welche Ziele verfolgt Berlin mit der Legalisierung?

Daher hat sich die Regierung dazu entschlossen, das Verbot so schnell wie möglich aufzuheben. Sie verfolgt dabei die folgenden Ziele:

  • Förderung des Jugend- und Gesundheitsschutzes
  • Bekämpfung des Schwarzmarktes
  • Verbesserung der Qualität, da gefährliche Beimischungen unterbunden werden
  • Absenkung der Drogenkriminalität
  • Steigerung der Staatseinnahmen über Steuergelder

Zwei-Säulenmodell der Cannabislegalisierung

Die ursprünglich auf der Agenda stehende Komplettlegalisierung wurde zurückgenommen. Deutschland ist in die Gesetzgebung der EU (Europäische Union) eingebettet, in der der grenzüberschreitende Handel von Cannabis verboten ist. Zu groß erschien die Gefahr, dass Lauterbachs Vorhaben in einem langwährenden juristischen Prozess bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufgeschoben werden würde.

Daher entschloss man sich zu einem Kompromiss, der als CARe-Modell in die Geschichte eingeht. Diese Lösung fußt auf zwei Säulen: Die erste behandelt den Anbau und Konsum und wird wohl demnächst verabschiedet. Die zweite Säule, für die erst ein Referentenentwurf vorliegt und dessen Rahmenbedingungen noch im Detail ausgearbeitet werden müssen, betrifft die Kommerzialisierung unter wissenschaftlicher Begleitung in bestimmten Modellregionen.

1. Säule – Konsum und Anbau

Die erste Säule der Cannabis-Legalisierung wurde vom Gesundheitsminister schon exakt ausformuliert. Er umfasst die folgenden Maßnahmen:

  • Cannabis wird von der Liste der besonders gefährlichen Substanzen gestrichen.
  • Der Anbau wird in sogenannten Social-Clubs organisiert. Diese dürfen keine Gewinne machen und sind pro Verein auf 500 erwachsene Mitglieder begrenzt.
  • Es dürfen nur Menschen beitreten, die über einen offiziellen Wohnsitz in Deutschland verfügen.
  • Cannabis darf legal nur an die Mitglieder besagter Clubs abgegeben werden.
  • Die Abgabe unterliegt strengen Qualitätskontrollen.
  • Jedem Erwachsenen ist es zukünftig erlaubt, bis zu drei Pflanzen im Eigenanbau hochzuziehen.
  • Minderjährige, die Cannabis konsumieren, werden angehalten, an einem Suchtprävention-Kurs teilzunehmen.
  • Die Clubs müssen die abgegebenen Mengen penibel dokumentieren.
  • Die Herstellung synthetischen Cannabis bleibt weiterhin verboten.
  • Pro Person ist die tägliche Abgabe auf 25 Gramm beschränkt. Das monatliche Limit beläuft sich auf 50 Gramm.
  • Frühere Verurteilungen, die auf dem Besitz von weniger als 25 Gramm beruhen, können auf Antrag aus dem Register gestrichen werden.
  • Für Jugendliche bis 21 Jahre wird die Abgabe auf 30 Gramm monatlich begrenzt. Zudem dürfen die Produkte nicht mehr als zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten. THC ist die Substanz, die einen Rausch auslöst.
  • Der Import und Export von Cannabis ist weiterhin nicht erlaubt.
  • Cannabisprodukte dürfen nur sehr eingeschränkt beworben werden.
  • Im Umkreis von 200 Metern von Schulen, Kindergärten und sonstigen Jugendeinrichtungen ist der Konsum von Cannabis verboten.
  • Jeder Club muss einen Suchtbeauftragten benennen.
  • Jeder Verein wird dazu verpflichtet, ein Jugend- und Gesundheitskonzept zu erstellen.
  • Nach Ablauf von vier Jahren werden die Resultate, die die Maßnahmen mit sich bringen, überprüft und bewertet.

2. Säule – offizieller Handel in Modellregionen

Die zweite Säule der Cannabislegalisierung beschäftigt sich mit den Maßnahmen, die für den flächendeckenden Vertrieb vorgesehen sind. Dabei geht es vor allem um den kommerziellen Anbau und die kontrollierte Abgabe über lizenzierte Verkaufsstellen. Im neuen Entwurf wird dieser Ansatz in sogenannten Modellregionen durchgeführt. Der Versuch ist auf fünf Jahre ausgelegt.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf der wissenschaftlichen Begleitung der Lieferketten. Des Weiteren wird untersucht, inwiefern sich die freie Abgabe auf den Gesundheits- und Jugendschutz auswirkt. Zudem wird ein Fokus darauf gelegt, ob sich mit der Legalisierung der Schwarzmarkt eindämmen lässt. Welche Regionen infrage kommen, wurde bisher noch nicht bekannt gegeben.

Welche Hürden muss der Gesetzesentwurf noch nehmen?

Auch zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht bis ins Detail geklärt, ob die Neufassung des Gesetzentwurfs tatsächlich von allen maßgeblichen Gremien abgenickt werden wird. Drei potenzielle Hürden auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene könnten die Verabschiedung über den 1.1.24 hinaus verzögern.

Bundesrat

Es ist davon auszugehen, dass der Entwurf den Bundestag angesichts der Mehrheit von Rot, Grün und Gelb passieren wird. In Deutschland ist es jedoch so, dass zustimmungspflichtige Gesetze der Mehrheit des Bundesrates bedürfen. Ein Gesetz ist dann zustimmungspflichtig, wenn es sich um eine Grundgesetzänderung handelt oder wenn es die Finanzen und Verwaltungshoheit der Länder betrifft.

Dieser Umstand könnte gegeben sein, da die Überwachung und Zulassung der Cannabis-Clubs der Länderaufsicht unterliegen sollen. Allerdings gibt es bei dieser Regelung eine ganze Reihe von Ausnahmen, deren Ausführung den hier vorliegenden Rahmen sprengen würde. Lauterbach und seine Mitstreiter sind jedenfalls der Ansicht, dass das neue Gesetz nicht durch den Bundesrat gehen muss.

EU-Recht

Wie schon erwähnt, steht auch das EU-Recht der Legalisierung im Wege. So besagt der EU-Rahmenbeschluss von 2004, dass der Anbau, die Herstellung, der Versand sowie der Import und Export von Cannabisprodukten unter Strafe gestellt sind.

Gerade diese Hürde will Lauterbach mit der wissenschaftlichen Begleitung der Modellversuche überwinden. Zudem verweist er auf andere europäische Länder wie Spanien und Portugal, die gerade gute Erfahrungen mit einer Liberalisierung machen.

Vereinte Nationen

Überdies steht das UN-Einheitsabkommen über psychotrope Pflanzen von 1961 einer zügigen deutschen Legalisierung im Wege. Auch hierbei sind Ausnahmeregelungen möglich, wie die Beispiele Kanada, USA, Bolivien und Uruguay aufzeigen.

Zudem ist diese Art von internationaler Gesetzgebung nicht in Stein gemeißelt. Je mehr Staaten sich zu einer nationalen Legalisierung durchringen, desto eher kann hierzulande damit gerechnet werden, sich den ersten legalen Joint anzuzünden.

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