47. Internationale Händel-Festspiele Karlsruhe

Bühne & Klassik // Artikel vom 21.02.2025

Oliver Kersken, Stephanie Twiehaus & Christoph von Bernuth (Foto: Arno Kohlem)

Seit fast 50 Jahren wird das Werk von Georg Friedrich Händel in Karlsruhe rund um seinen Geburtstag mit einem großen Festival zelebriert.

Die 47. „Internationalen Händel-Festspiele Karlsruhe“ finden vom 21.2. bis 7.3. unter dem Motto „Krieg und Frieden“ statt, inspiriert von der „Festspiel“-Oper „Rinaldo“ (ab neun Jahren). „Es sind Worte, die zeigen, wie immerwährend der Wunsch nach Frieden ist und dass Händel uns zu allen Zeiten etwas zu sagen hat“, so das neue künstlerische Leitungsteam aus Orchesterdirektor Oliver Kersken, der Leitenden Musik- und Konzertdramaturgin Stephanie Twiehaus und Operndirektor Christoph von Bernuth. Neben dem realen Bezug umfasst es auch die „Abstraktion zu künstlerischem Wettstreit“, was sich deutlich im Programm niederschlägt. Besonderes Highlight ist das Finale des ersten „Farinelli-Wettbewerbs für Countertenöre“, der erste seiner Art weltweit. Auch die Koops mit der Karlsruher Händel-Gesellschaft und der Internationalen Händel-Akademie stellen die Wichtigkeit der Nachwuchsförderung in den Fokus. Denn die „Festspiel“-Tage versammeln nicht nur die Big Names der internationalen Barockszene wie die Händel-Solisten oder Christina Pluhar, sondern sind gleichzeitig auch Sprungbrett für aufstrebende, junge Musiker. -sb

Festspiel-Eröffnung & Opern-Premiere: Rinaldo

Mit fliegenden Drachen, Monstern, Zauberinseln und brisanten Szenenwechseln gewann Händel sein neues Londoner Publikum 1711 direkt für sich: Kurz nach seiner Ankunft in England schrieb er in kürzester Zeit die Zauberoper „Rinaldo“. Mit ihrer für die Insel neuartigen italienischen Musik, der fantastischen Handlung und der üppigen barocken Bühnenausstattung legte sie den Grundstein für Händels jahrzehntelange Opernkarriere in England. Das Libretto erzählt vom jungen Kreuzritter Rinaldo, der lieber seine geliebte Almirena heiraten möchte statt in den Krieg zu ziehen, und sich den magischen Fertigkeiten der Zauberin Armida – ihrerseits in Rinaldo verliebt – stellen muss. Die Geschichte stammt aus einem damals beliebten Epos des italienischen Dichters Torquato Tasso. 20 Jahre später überarbeitete Händel seine Erfolgsoper grundlegend. In Karlsruhe wird diese selten gespielte Fassung von 1731 unter Leitung von Rinaldo Alessandrini und Hinrich Horstkotte zum großes Bühnenspektakel, auch für junges Publikum ab neun Jahren. Es spielt das Orchester der Deutschen Händel-Solisten. Am Montag vor der Premiere kann bei einer Stückeinführung und der Endprobe vorab „Festspiel“-Luft geschnuppert werden (Mo, 17.2., 17.30 Uhr).
Fr, 21.2., 18 Uhr Eröffnung, 19 Uhr Premiere; So, 23.2., 16 Uhr; Mi, 26.2., 19.30 Uhr; Sa, 1.3., 19 Uhr; Di, 4.3., 19.30 Uhr, Staatstheater

Symposium: Internationale Händel-Akademie

Das diesjährige Symposium der Internationalen Händel-Akademie nimmt Händel als Bearbeiter eigener und fremder Werke in den Fokus. „Revised, With Many Additions By The Author“ beleuchtet die damals gängige Praxis, Werke an neue Aufführungskontexte anzupassen – wie im Fall von „Rinaldo“ an ein neues Sängerensemble und eine veränderte Erwartungshaltung des Publikums. Das Symposium samt Mittagskonzert führt in verschiedene Bearbeitungsweisen ein und richtet sich nicht nur an Fachpublikum, sondern an alle „Festspiel“-Besucher.
Sa, 22.2., 11-16 Uhr, Staatstheater, Eintritt frei

Galakonzert: Les 3 Contre-Ténors

Das große Galakonzert greift das weit gefasste Motto von „Krieg und Frieden“ als künstlerisches Ringen und Messen auf. Im Wettstreit versuchen sich die drei Countertenöre Nicolò Balducci, Kangmin Justin Kim und Eric Jurenas zu überbieten und präsentieren im Gegen- und Miteinander die ganze Fülle, die die barocke Oper für Gesangsvirtuosen zu bieten hat. Es begleitet das 2019 gegründete „Orchestre de l’Opéra Royal de Versailles“, welches im Schloss Versailles in der gleichnamigen Nachbarstadt von Paris beheimatet ist.
Sa, 22.2., 19.30 Uhr, Staatstheater

Jugendwettbewerb: Preisträgerkonzert

Seit 30 Jahren fördert die Karlsruher Händel-Gesellschaft mit einem Jugendwettbewerb den Nachwuchs der Region. Bewerben können sich alle bis 20 Jahre aus Ba-Wü, Südpfalz und der französischen Grenzregion. Im Preisträgerkonzert präsentieren sich die Gewinner mit ihren Talenten ganz persönlich. Und für manche ist es nicht nur gebührender Abschluss des Wettbewerbes, sondern ein erster Schritt in eine professionelle musikalische Karriere.
So, 23.2., 11 Uhr, Staatstheater

Palais Solms: Geburtstags-Salon

Zum 340. Geburtstag von Händel wird im besonderen Ambiente des Palais Solms zu einem geselligen „Geburtstags-Salon“ eingeladen. Einen Abend lang gibt es Gelegenheit für lockere Gespräche und musikalische Inspirationen mit Konzerten des Karlsruher Nachwuchsensembles Studio 16 und des Jazztrios Kordes-Tetzlaff-Godejohann. Plus Geburtstagstorte natürlich!
So, 23.2., 18 Uhr, Palais Solms, Bismarckstr. 24

Kleine Kirche: Kammerkonzert der Händel-Solisten

Eigens für die Karlsruher „Internationalen Händel-Festspiele“ zum 300. Geburtstag von Händel gegründet, ist das Spezialorchester für seine authentische Aufführungspraxis und Händel-Expertise weltweit bekannt. Im Kammerkonzert zeigen die Mitglieder unter dem Titel „Harmonie der Nationen“ ihr solistisches Können – mit bekannten und auch selten gespielten Barockwerken.
Mo, 24.2., 19 Uhr, Kleine Kirche

Oper: Phèdre

Als neue programmatische Verzahnung mit dem Spielplan wird künftig eine Oper des aktuellen Karlsruher Repertoires in die „Festspiel“-Tage eingebunden. Die tragische Oper „Phèdre“ beleuchtet mit ihrer Geschichte von verzehrender Liebe, Verzweiflung und Tod die inneren Kämpfe, den inneren Krieg. Zur Zeit von Königin Marie-Antoinette ein Kassenschlager, wird die Oper von Jean-Baptiste Lemoyne nach 200 Jahren in Vergessenheit wieder vollszenisch gezeigt und gelangte im Januar am Badischen Staatstheater zur deutschen Erstaufführung. Ab zwölf Jahren.
Do, 27.2., 20 Uhr, Staatstheater

Festvortrag: Wie klingt der Frieden?

Wie sehr Händels Schaffen, seine Person und Biografie mit der Frage nach Frieden oder Krieg verbunden ist, dem Festspielmotto 2025, erläutert die bekannte Musikwissenschaftlerin und Händel-Preisträgerin Silke Leopold im Festvortrag „Wie klingt der Frieden? – Händels Musik zu einer Utopie“.
Do, 27.2., 18 Uhr, Staatstheater, Neues Entrée

Oper: Siroe, Re di Persia

Wer 2024  diesen Rausch von Liebe und Macht verpasst hat, bekommt eine zweite und letzte Chance, die erfolgreiche Oper der 46. „Händel-Festspiele“ „Siroe, Re di Persia“ in gleicher Besetzung zu sehen. Der Stoff ist ein Politkrimi: boshaft, voller Intrigen, Missverständnisse, Verrat und großer Gefühle. Händel hat dazu eine kraftvolle Musik geschrieben. Nach der Premiere 1728 war die Oper mit 18 Aufführungen ein großer Erfolg und gehört heute zu den selten zu sehenden Raritäten seines Schaffens. Ab 14 Jahren.
Fr, 28.2., 19 Uhr; So, 2.3., 15 Uhr; Mi, 5.3., 19.30 Uhr, Staatstheater

Ev. Stadtkirche: Arcadia & Festgottesdienst

Die „Königin der Blockflöte“ Dorothee Oberlinger entführt mit ihrem Ensemble 1700 in die Welt von Arkadien. Seit Jahrhunderten ist der poetische Begriff Sinnbild für einen Sehnsuchtsort von Frieden und Harmonie mit der Natur, inspiriert von dem Hirtenvolk der Arkadier und der gleichnamigen hügeligen Gegend in Griechenland. Mit Werken von Francesco Mancini, Arcangelo Corelli, Händel und Alessandro Scarlatti, letzterer war auch Mitglied der 1690 in Rom gegründeten „Accademia dell’Arcadia“ (Fr, 28.2., 21 Uhr). Ebenso in der Ev. Stadtkirche findet der Ökumenische Festgottesdienst statt, in Kooperation mit der Händel-Gesellschaft Karlsruhe (So, 2.3., 10.30 Uhr, Eintritt frei).
Ev. Stadtkirche

Junges Staatstheater: Rinaldino

Die diesjährige „Festspiel“-Oper ist bereits für Publikum ab neun Jahren zu sehen – wer noch etwas jünger ist oder einfach nicht genug bekommt von den Drachen, feuerspeienden Monstern und Zaubergärten, kann ins Fantasykonzert „Rinaldino“ eintauchen. Von Stephanie Twiehaus konzipiert und von Kevin Barz umgesetzt, ist das virtuelle Abenteuer auch eine Koop mit den Alumni und Alumnae der Händel-Akademie. Denn die Nachwuchsmusiker steuern den Original-Soundtrack bei! Ab sechs Jahren.
Sa, 1.3., 15 Uhr, Staatstheater

Konzert: Battaglia e tempesta

Im Konzert „Battaglia e tempesta“ zeigen Musikgrößen wie Michael Metzler oder die berühmte Gambistin, Hille Perl, wie spektakulär die Umsetzung von Unwetter oder Schlachten zu Barockzeiten war. Die effektvolle Musik ist in kleiner Besetzung an Gambe, Theorbe, Gitarre, Violine und Percussion zu hören.
Sa, 1.3., 20 Uhr, Staatstheater

Film: Farinelli, der Kastrat

Am Tag des großen Finales des ersten „Farinelli-Wettbewerbs für Countertenöre“ gibt’s vorab in der Schauburg den Film „Farinelli, der Kastrat“ zu sehen. Der Filmklassiker von Gérard Cobiau aus dem Jahr 1994 führt in das Leben des legendären Carlo Broschi ein, der unter seinem Künstlernamen Farinelli im 18. Jh. in ganz Europa berühmt wurde. Ab zwölf Jahren.
So, 2.3., 13 Uhr, Schauburg

Finale: 1. Farinelli-Wettbewerb

Für den weltweit ersten Internationalen Gesangswettbewerb für Countertenöre haben sich rund 50 Sänger aus aller Welt beworben. Der erste „Farinelli-Wettbewerb“ wird zu den diesjährigen „Händel-Festspielen“ von künstlerischen Leiter Christoph von Bernuth ins Leben gerufen und soll als Sprungbrett und Plattform für aufstrebende Virtuosen fest etabliert werden. In zwei Vorrunden können Countertenöre aller Stimmfächer unter 35 Jahren der fünfköpfigen Fachjury ihr Talent unter Beweis stellen, neben Auszeichnungen und Preisen werden auch konkrete Engagements z.B. beim „Bayreuth Baroque Opera Festival“ 2026 angeboten. In der großen Finalrunde präsentieren sich die Top-Sechs und werden vom Karlsruher Barockorchester begleitet.
So, 2.3., 19 Uhr, Staatstheater

Lesung & Musik: Israel. Ein Dialog

Auch schon in der Oper „Rinaldo“ ist die Region des heutigen Israel Schauplatz von religiös begründeten Kämpfen. Welcher Konflikt ihnen zugrunde liegt, zeigt ein Briefwechsel zwischen Navid Kermani und Natan Sznaider, den sie vor 20 Jahren freundschaftlich und kontrovers führten. Die Schauspieler Isaak Dentler und Nico Holonics lesen aus „Israel. Eine Korrespondenz“ und verflechten den Dialog mit der Kammermusik „Rinaldo a cinque“ des jungen Basler Alte-Musik-Ensembles Brezza.
Di, 4.3., 20 Uhr, Staatstheater

Konzert: Händel Goes Wild

Mit „Händel Goes Wild“ kommt ein vielfach gefeiertes Crossoverkonzert von und mit Christina Pluhar (Foto: Michal Novak) nach Karlsruhe. Mit ihrem Ensemble l’Arpeggiata, Sopranistin Johanna Rosa Falkinger und Countertenor Valer Sabadus holt Pluhar die barocken Kompositionen mit großer Improvisationsfreude in die Gegenwart.
Do, 6.3., 21 Uhr, Staatstheater

3. Sonderkonzert: Festkonzert Händel-Solisten & Abschlussfeier

Mit einem Festkonzert zum krönenden Abschluss der „Festspiel“-Tage feiern die Deutschen Händel-Solisten ihr diesjähriges 40. Jubiläum. Das dritte Sonderkonzert schlägt dabei einen Bogen zur Eröffnungsgala und lässt statt drei wetteifernder Countertenöre die einzelne Stimme von Francesca Aspromonte erklingen. Das Konzert unter Leitung von Gianluca Capuano stellt die Arien von Londoner Diva Francesca Cuzzoni in den Fokus, die von 1723 bis ’28 eng mit Händel zusammenarbeitete. Anschließend findet im Neuen Entrée die Abschlussfeier statt.
Fr, 7.3., 19.30 Uhr, Staatstheater

21.2.-7.3., Staatstheater/Palais Solms/Kleine Kirche/Ev. Stadtkirche/Schauburg, Karlsruhe
Tickets: www.staatstheater.karlsruhe.de

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