Am falschen Ort
Bühne & Klassik // Artikel vom 11.07.2013
Mit „Am falschen Ort“ gewann das junge, rumänische Autorenduo Alice Monica Marinescu und David Schwartz 2012 den Dramenwettbewerb „Über Grenzen sprechen“.
Das Stück, in dem sie die Geschichten von fünf Flüchtlingen in Rumänien sammelten, wird jetzt am Badischen Staatstheater aufgeführt. Friedemann Dupelius sprach mit den Autoren.
INKA: „Am falschen Ort“ handelt von Heimat. Was bedeutet der Begriff für euch?
Alice Monica Marinescu: Für mich ist Heimat der Ort, an dem ich meine Wurzeln habe, an den ich immer wieder zurückkehren kann.
David Schwartz: Heimat ist für mich eng mit der eigenen Sprache verknüpft. Ich bin viel gereist, spreche fließend englisch, aber meine Heimat wird immer Rumänien sein.
INKA: Die Menschen, die ihr interviewt habt, haben da wohl ziemlich andere Ansichten...
Schwartz: Klar. Es hängt davon ab, ob man sein Land freiwillig verlassen hat oder ob man dazu gezwungen wurde. Wenn du als Palästinenser ein arabisches Land verlässt, kannst du nicht mehr zurück.
Marinescu: Ich glaube, die meisten Menschen, die sich nicht zuhause fühlen, mussten ihr Land zwangsweise verlassen. Man kann schon rational sagen: Das ist mein neues Zuhause! Aber emotional kann man das nie kontrollieren. Ich kenne Leute, die seit 20 Jahren nicht mehr in ihrem Heimatland waren, aber es ist für sie immer noch das gefühlte Zuhause.
INKA: Wie habt ihr eure Gesprächspartner gefunden? Wie offen oder verschlossen waren sie?
Marinescu: Der Ursprung des Stücks war ein junger Afghane, den wir auf einer Reise kennen gelernt haben.
Schwartz: Ansonsten hat uns eine NGO, die mit Migranten arbeitet, bei der Vermittlung geholfen. Eine Person kannte ich von der Arbeit in einem Altersheim.
Marinescu: Mit dem Palästinenser konnten wir stundenlang reden, während sich andere sehr knapp ausgedrückt haben. Manche hofften auch, wir könnten ihnen einen Job vermitteln.
INKA: Was haben sie gemeinsam, wo gibt es Unterschiede?
Schwartz: Sie haben alle Krieg erlebt oder wurden diskriminiert: der Afghane im Iran, die Jüdin in Rumänien, die Christin im Irak... Was sehr interessant ist: Sie diskriminieren sich auch untereinander. Es gibt viele Vorurteile, zum Beispiel über Roma. Opfer zu sein heißt nicht, dass man nicht auch selbst diskriminieren kann.
Marinescu: Ich glaube, sie wollen sich von ihrem Stigma befreien, indem sie sagen: „Ich bin ehrlich, ich will arbeiten, ich bin der gute Flüchtling!“
Schwartz: Manche konnten sich besser anpassen als andere. Sie sind sozial integriert, haben einen Job und sprechen die Sprache. Andere haben es schwerer.
INKA: Wie habt ihr aus den Gesprächen ein Bühnenstück entwickelt?
Marinescu: Wir konfrontieren die persönlichen Erzählungen mit Passagen aus dem offiziellen Guide: „Wie man rumänischer Staatsbürger wird“. Da wird viel Ironie dabei sein, denn laut dem Guide wäre Rumänien ein ganz sozialer Staat...
INKA: Was hat das Stück mit Deutschland zu tun?
Marinescu: Ich glaube, es passt gut auf die Situation in Deutschland und anderen europäischen Migrationsländern. Diese Geschichten könnte fast jeder erzählen, der nach Europa kommt.
Schwartz: Ich glaube, es würde auch in Afghanistan funktionieren.
Termine: Fr, 19.7., 20 Uhr, Badisches Staatstheater, Karlsruhe, dann wieder im Herbst. Regie führt Manuel Braun.
Nachricht 5740 von 10269
WEITERE BÜHNE & KLASSIK-ARTIKEL
Doppelpass on Tour
Bühne & Klassik // Artikel vom 28.01.2025
Die Erfolgsshow zur Kultsendung geht in die vierte Spielzeit.
Weiterlesen … Doppelpass on TourLviv National Philharmonic Symphony Orchestra
Bühne & Klassik // Artikel vom 07.01.2025
1902 in Lemberg gegründet, ist das Lviv National Philharmonic Symphony Orchestra eines der ältesten, größten und bekanntesten der Ukraine mit Auftritten von der Carnegie Hall in New York über die Berliner Philharmonie und die Tonhallen in Genf und Zürich bis zum Teatro Lucio und der Palau de la Musica in Barcelona.
Weiterlesen … Lviv National Philharmonic Symphony OrchestraWie viel Sterne hat ein Tag
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.11.2024
„Wie viel Sterne hat ein Tag“, das neue Programm von Spiegelfechter Ole Hoffmann, serviert neben positiven Nebeneffekten wie Lachen, Denken und der Erlaubnis zum Fühlen „pointierte Texte, Ausgeflipptheit, Perfektion und eine spitze Zunge“.
Weiterlesen … Wie viel Sterne hat ein TagPride Night 2024
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.11.2024
Gemeinsam mit dem Jugendensemble des Zirkus Maccaroni und der Stuttgarter Drag Queen Emily Island stehen, tanzen und singen Künstler des Staatstheaters für eine temporeiche „Pride Night“ auf der Bühne.
Weiterlesen … Pride Night 2024Mario Barth
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.11.2024
Aufgrund der nicht abebbenden Nachfrage bringt Mario Barth sein Erfolgsstück „Männer sind Frauen, manchmal aber auch... vielleicht“ ein letztes Mal nach Karlsruhe.
Weiterlesen … Mario BarthVokalensemble Chorioso: 200 Jahre Bruckner – 400 Jahre Palestrina
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.11.2024
Anton Bruckner, dessen Geburtstag in diesem Jahr 200 Jahre zurückliegt, ist im Konzertbetrieb v.a. durch seine Symphonien bekannt.
Weiterlesen … Vokalensemble Chorioso: 200 Jahre Bruckner – 400 Jahre PalestrinaCollegium Iuvenum Stuttgart
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.11.2024
Der preisgekrönte Knabenchor Collegium Iuvenum Stuttgart präsentiert in Kooperation mit dem Knabenchor des Cantus Juvenum Karlsruhe adventliche Musik von Hammerschmidt, Palestrina, Reger und Mendelssohn.
Weiterlesen … Collegium Iuvenum StuttgartSalonlöwenzahn
Bühne & Klassik // Artikel vom 29.11.2024
Mit „Salonlöwengebrüll“ gingen es für Sebastian Coors und Norbert Lauter auf Kreuzfahrtschiffen um die Welt; jetzt präsentieren die Preisträger des „Rösrather Kabarettfestivals“ ihr neues Programm „Salonlöwenzahn“.
Weiterlesen … SalonlöwenzahnBademeister Schaluppke
Bühne & Klassik // Artikel vom 29.11.2024
Die chlorreichen Tage im altgedienten Brennpunktbad von Bademeister Schaluppke sind vorbei.
Weiterlesen … Bademeister Schaluppke
Einen Kommentar schreiben