ARD Hörspieltage 2017
Bühne & Klassik // Artikel vom 08.11.2017
Klängen lauschen, Geschichten verfolgen, in fremde akustische Welten eintauchen – das geht bei den „ARD Hörspieltagen“.
Zwischen dem 8. und 11.11. erklingen über die Lautsprecher des ZKM-Kubus zwölf rund einstündige Hörspiele aus den deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und werben um die Gunst von Publikum und Jury. Die Eröffnungs-Feier mit dem Sinfonischen Jugendblasorchester Karlsruhe (Mi, 8.11., 19 Uhr, ZKM-Foyer) weiht den Marathon ein. Wer die Pokale am Ende abstaubt, das verrät die Preisverleihung, die von Christian Felix Benning und Percussion No. 1 spannungsgeladen untermalt wird (Sa, 11.11., 21 Uhr, ZKM-Medientheater).
Live-Hörspiel: Liquid Penguin Ensemble – „Der Fall Sola“
Als Martin Luther die Bibel vom Lateinischen ins Deutsche übersetzte, kam es auf jedes kleine Wörtchen an. Um eines davon – „sola“ – wurde heftig gestritten, ganze Glaubensinhalte hingen davon ab, die katholische Kirche war aufgebracht. Sprache ist mächtig, aber Sprache ist auch ungenau und interpretierbar – und Sprache klingt. Das Liquid Penguin Ensemble hat ein Livehörspiel entwickelt, das mit Wortlauten spielt – mit den Klängen der Worte genauso wie mit ihrer Bedeutung. Musikalische Dolmetscher interpretieren polnische Zischlaute, improvisieren über das finnische Idiom und fragen, wie es wohl am Anfang vor aller Sprache war.
Do, 9.11., 21 Uhr, ZKM-Medientheater
Unerhört spontan: Hidden Shakespeare
Es ist ein bisschen wie ein ungeplantes Verbrechen, ein Mord im Affekt zum Beispiel, was „hidden shakespeare“ (Foto: Lutz Jaekel) auf die Bühne bringen: Die fünf SchauspielerInnen improvisieren einen Kriminalfall als Livehörspiel. Das Publikum darf seine Vorschläge mit einbringen und die Versteckten Dichter schauen dann mal, wen es zu beseitigen gilt – oder welche Spur der Ermittlung eingeschlagen werden soll. Hier bleibt wirklich alles offen (Fr, 10.11., 21 Uhr, ZKM-Medientheater). Wer auf Schauspieler, aber nicht auf Spannung verzichten mag, kann nebenan in die ARD Radio Tatort Nacht einsteigen, bei der eine Reihe kribbelnder Lauschkrimis auf Publikum wartet (Fr, 10.11., 22-2 Uhr).
Konzerte: NOVAA x Moglii + Klangdom
Am späten Freitagabend präsentieren zwei junge Gesichter elektronischer Popmusik ihr gemeinsames Projekt: NOVAA trifft auf Moglii – die Karlsruherin schwebt mit weichem, luftigem Sound und ihrer markanten Stimme zwischen Folk und Elektronik, Moglii ist von Haus aus Jazzpianist, was in seine elektronischen Produktionen mit einfließt (Fr, 10.11., 23 Uhr, HfG-Lichthof 4). Am Samstag zeigt der ZKM-Klangdom, welche Hörerfahrungen eine Kuppel aus 47 Lautsprechern ermöglicht. John Chantlers Hörstück besteht aus Klängen des Serge Modular Synthesizers, Junya Oikawa untersucht eine Snare Drum auf ihre Sounds und Dietmar Dath geht in seinem neuen Hörspiel mit dem Kammerflimmer Kollektief der Russischen Revolution von 1917 auf die Spur (Sa, 11.11., 18 Uhr).
Filme und ein Klanglabyrinth
Auch die Hochschule für Gestaltung ist am Rahmenprogramm der ARD Hörspieltage beteiligt: Studierende der HfG zeigen eigene Filme, bei denen die Tonspur eine wichtige Rolle spielt. Im Anschluss folgen drei Spielfilme, die ebenfalls akustisch interessant sind – einer („Welcome Back, Mr. MacDonald“ von Koki Mitani) spielt sogar in einem Hörspielstudio (Do, 9.11., 14-23 Uhr, HfG Lichthof 4, Blauer Salon). Im Klanglabyrinth stellt der Künstler Iain Chambers sein Stück „The House Of Sound“, das sich mit der Entwicklung des Klangs der Stadt London zwischen 1400 und 2000 beschäftigt, in einer Lecture Performance vor (Do, 9.11., 18 Uhr, HfG-Studio).
Drumherum: Salon Helga und die ARD Hörspiel-Box
Zu einem Festival gehören auch Inseln der Entspannung und des Austauschs. So eine bietet der Salon Helga. In stilvollem Ambiente lässt sich hier Kaffee schlürfen, neuester Klatsch über das Festivalgeschehen in Form von Kurzhörspielen erfahren oder einfach tratschen. Unter der Trockenhaube warten studentische Hörstücke aus der HfG Karlsruhe, „Mots chéries“ aus dem Saarland, ein Bremer Paartherapeut und der Festivalfunk der Hörspieltage. Beim Haareschneiden passt Helga natürlich besonders auf die Ohren auf! Geöffnet hat ihr Laden, vor dem ZKM-Medientheater platziert, vom 8.-11.11. zwischen 15 und 21 Uhr. Außerdem steht im Lichthof des ZKM noch die ARD Hörspiel-Box, in der sich binnen kürzester Zeit eigene Hörspiele einsprechen und vertonen lassen (Do–Sa, 9.–11.11., 12-20 Uhr + So, 12.11., 10-17 Uhr).
Hörspiel des Monats und PiNball-Wettbewerb
Doppeltes Jubiläum: Seit 40 Jahren kürt die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste das Hörspiel des Monats, seit 30 Jahren das Hörspiel des Jahres. Aus diesem Anlass erscheint die Publikation „Seismographie des Hörspiels“ und wird in einer Gesprächsrunde aus Radio- und Hörspielmachern vorgestellt, die über Preise, das Hörspiel sowie seine Gegenwart und Zukunft sprechen (Do, 9.11., 18 Uhr). Ganz jung im Vergleich dazu ist der Wettbewerb ARD Pinball, der sich Einsendungen aus der freien Hörspielszene widmet. Die bekommen am Fr, 10.11. ihr eigenes Forum (21 Uhr, jeweils HfG-Studio).
Kinderhörspieltag
Kinder sind bekanntlich riesige Hörspielfans und kommen am Sonntag voll auf ihre Kosten, ob beim Live-Musikhörspiel „Eine Woche voller Samstage“ (11 + 14 Uhr, HfG_Lichthof 4) oder den neuesten Kinderhörspielen von ARD und Deutschlandradio, die den ganzen Tag über laufen. Klingenden Spaß versprechen Johannes Stankowski mit seiner Band, die Bärenbude, der Ohrenbär, die hr2-Lauschinsel und die SWR2-Spielraumtour. Dazu gibt’s eine Schatz-Rallye, einen Klangbastel-Workshop und Jochen, den fahrradfahrenden Elefanten.
Vorträge, Diskussionen, Workshop
Welche Rolle hat Kritik für das Hörspiel heute? Das erörtert das ganztägige Symposium „Lauter Likes?“ (Mi, 8.11., 10-17.30 Uhr, ZKM-Kubus). Weiter geht der Theorie-Part der Hörspieltage mit einem Gespräch zwischen Peter Weibel und Herbert Kapfer über den Wandel von Produktionsbedingungen im Hörspiel und aktuelle künstlerische Experimente (Fr, 10.11.). Serien haben derzeit Hochkonjunktur – audiovisuelle zumindest. Die Diskussion „Das hat Folgen“ findet heraus, welche Bedeutung ihnen fürs Hörspiel zukommt (Sa, 11.11., jeweils 18 Uhr, ZKM-Vortragssaal). Für alle Selbermacher gibt Markus Orths ein Seminar zum Hörspielschreiben, in dem die Teilnehmer u.a. eine eigene Szene produzieren können. Anmeldung an: morths@gmx.de, Kosten: 50 Euro (Fr-So, 10.-12.11., Beginn: Fr, 14 Uhr). -fd
8.-12.11., ZKM, Karlsruhe
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