Das Glasperlenspiel
Bühne & Klassik // Artikel vom 15.09.2014
Interview von Friedemann Dupelius mit Staatstheater-Bühnenbildner Sebastian Hannak.
INKA: „Das Glasperlenspiel“ sollte ja eigentlich schon in der Spielzeit 2013/14 anlaufen. Warum dauert es so lange?
Sebastian Hannak: Das hat eigentlich einen ganz tollen Hintergrund: Bei der Arbeit am Stück kam die Idee auf, keine klassische Bühnensituation, sondern eine begehbare Rauminstallation umzusetzen. Das zu realisieren brauchte natürlich Zeit. Die Frage für mich, den Regisseur Martin Nimz und den Autor und Dramaturgen Konstantin Küspert war, wie man die Ordensgemeinschaft Kastaliens aus dem Roman erlebbar machen kann – nun bauen wir also selbst einen solchen abgeschlossenen Ort: Ins Kleine Haus des Staatstheaters kommt ein fast raumfüllender Einbau, den ca. 250 Zuschauer betreten können.
INKA: Welche Rolle nimmt man beim Zuschauen ein?
Hannak: Man wird von den Schauspielern nicht zu irgendeiner Aktion aufgefordert – aber man stellt sich Fragen in so einem Raum. Es gibt ja kontroverse Diskussionen darum, warum Theater so teuer sein muss, ob man für das Geld nicht lieber Kindergärten baut. Indem man in einen ohnehin relativ geschützten und elitären Raum wie das Theater noch so einen abgeschlossenen Raum einbaut und ihn als Zuschauer betritt, ist man direkt angesprochen und verhandelt mit. Inwiefern muss man sich als Institution an die Außenwelt, die Gesellschaft, die einen auch finanziert, andocken – und wie weit kann und muss man aber auch als Rückzugsort Impulsgeber sein? Mit dem Bühnenbild behaupten wir schlussendlich auch frech: Verrückt, dass sich eine Gesellschaft so einen Luxus leistet! Aber sie braucht ihn!
INKA: Wie sieht dieser Raum denn aus?
Hannak: Es gibt einen riesigen Trichter, den die Zuschauer betreten – kein quadratischer White Cube, sondern schräg gegeneinanderlaufende Schollen, die sich in der Mitte in einem Loch verkeilen. Das kann wie ein abgelassener Stausee wirken und hat eine Sogwirkung nach unten. Das ist nicht opulent, sondern ein klarer grafischer Raum, von dessen hellem Farbton sich alle Figuren und Requisiten absetzen. Die Zuschauer sitzen ringsum, mal hat man sie als Schauspieler im Rücken, mal vor sich, mal läuft man zwischen ihnen. Mit Videos und 360°-Projektionen, zum Beispiel vom Kloster Maulbronn, lässt sich der Blick auch mal weiten, aber man wird immer wieder in diesen Raum zurückgeholt.
INKA: Und der einzige Ausweg ist das Loch da unten... Gibt „Das Glasperlenspiel“, das 1943 erschien und in der Zukunft spielt, aus heutiger Sicht einen Fingerzeig in ein besseres Morgen?
Hannak: Ich glaube, Hesses Anlage des Romans funktioniert eher über eine Dystopie und die Negation – man sagt sich: Das kann doch nicht sein! Da ist der Orden von Kastalien, der sich völlig von der Welt abwendet, nichts eigenes mehr hervorbringt, sondern nur noch das Vorhandene verfeinert und damit spielt. Gleichzeitig gibt es die Erkenntnis, dass der Orden den Anschluss an die Außenwelt braucht und sich in der Figur des Josef Knecht einen Vermittler erzieht. Der wiederum stirbt am Ende ganz profan und unvermittelt, sobald er die Außenwelt betritt. Auf diesen Widerspruch arbeitet der Roman hin, und mit diesem Widerspruch befinden wir uns ganz im Heute.
Premiere: So, 21.9., auch: 23.-28.9., 30.9., 1.-5.10., Badisches Staatstheater, Kleines Haus, Karlsruhe
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