Deutsch-Französische Autorentage

Bühne & Klassik // Artikel vom 13.02.2008

Ein Blickwechsel eröffnet neue Perspektiven, macht neugierig und regt zu Diskussionen an.

So geschieht es auch bei den Deutsch-Französischen Autorentagen Karlsruhe: Bereits zum vierten Mal blickt das Badische Staatstheater vom 14. bis 17.2. über die Ländergrenze und greift nicht nur auf, was junge Dramatiker bewegt: Das Theater ist ein Ort, an dem Probleme der Gesellschaft verhandelt werden; zeitgenössische Stücke sind politisch, behandeln existenzielle Sujets.

Ob „Kriegsszenarien“ (2006) oder „Neue Armut“ (2007) – immer waren die Texte nahe am Puls der Zeit. Auch 2008 wird mit dem Motto „Bürgerliche Gesellschaft kurz vor dem Absturz“ ein brisantes Thema beleuchtet. Alles scheint machbar, doch nichts ist mehr sicher: Die Beziehung nicht, die Familie nicht, der Arbeitsplatz und die Rente schon gar nicht. Krisen drohen überall: sexuelle, psychische oder materielle. Täglich werden wir mit Unsicherheitsfaktoren konfron­tiert – von Finanzkrisen bis zu Kriegsszenarien.

Alles hat seinen Preis in einer verführerischen wie gnadenlosen Konsumgesellschaft. Menschen bleiben so lange wertvoll, wie sie von Nutzen sind. Jeder verteidigt vehement seine Besitzstände. Wer nicht mithalten kann, wird an den Rand gedrängt. Diesen Zündstoff verarbeiten Autoren hier wie in Frankreich zu erstaunlichen Texten.

Eröffnet werden die Autorentage am 14.2. im Straßburger Theater „Le-Maillon Wacken“. Es gibt einen Bustransfer, Abfahrt 15.30 Uhr am Staatstheater (Infos an der Kasse), Rückfahrt gegen 22 Uhr. Alle weiteren Veranstaltungen finden in der Insel (Karlstraße) statt. Vorgestellt werden ausschließlich Stücke, die bislang noch nicht aufgeführt wurden. Zwei Autoren waren bereits 2007 zu Gast: Lothar Kittstein überzeugte mit seiner unglaublich witzigen Parodie „Spargel­zeit“, in der die verkorkste Arbeitsmarktsituation humorvoll auf die Schippe genom­men wird. Jetzt kommt er mit „Ein neues Stück“ in die Fächerstadt!

Ein spannendes Wiedersehen verspricht auch die aktuelle Arbeit der 42-jährigen Französin Virginie Thirion, die jetzt mit „Schreib, dass du mich küsst“ anreist, das sie selbst in Szene setzt. Außerdem nehmen die Autoren Tomo Mirko Pavlovic, Gerhild Steinbuch, Philippe Aufort, Alain Gautré, Jean René Lemoine und Johanna Kaptein teil. Nach jeder inszenierten Lesung hat das Publi­kum die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre mit den Autoren, Dramaturgen oder Schauspielern ins Gespräch zu kommen. Erstmals wird 2008 ein Jury-Preis in Höhe von 3000 Euro für das „beste“ Drama vergeben.

Viele spannende Debatten konnten in den vergangen Jahren verfolgt werden, und was in der Fächerstadt noch als Geheimtipp gilt, wird in einschlägigen Fachzeitschriften bereits so hoch gelobt wie das ebenfalls von Schauspielchef Knut Weber initiierte Uraufführungsfestival „Schlaglichter“. Das Badische Staatstheater ist drauf und dran, sich zu einer hochkarätigen Plattform für zeitgenössische Dramatik zu entwickeln. -ub

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