Kerle wie Karle
Bühne & Klassik // Artikel vom 14.07.2015
Wenn eine Stadt Geburtstag feiert, dann liegt ein Rückblick nahe.
Zu Karlsruhes 300. trifft man darum vielerorts auf Stadtgeschichte – mal faktentreu, mal fiktional, mal altbekannt, mal neu betrachtet. Auf kabarettistische Weise nimmt sich Harald Schwiers in einem Theaterstück des Themas an: „Kerle wie Karle“ beleuchtet wesentliche Stationen der Stadtgeschichte in amüsanten Szenen; gespielt wird es von Angelika Veith, Markus Kapp (auch am Piano), Markus Kern, Magdalena Pohlus und Schwiers selbst, der sich auch zu einem Interview mit Beate Schittenhelm traf.
INKA: Das Stück beginnt, genau wie die Geschichte Karlsruhes, an einem entscheidenden Tag vor gut 300 Jahren, über dessen Verlauf verschiedene Legenden kursieren. Was ist da geschehen?
Harald Schwiers: Ich glaube nicht wirklich an die Geschichte mit dem Hirsch und dem Traum. Stattdessen bin mir ganz sicher, dass es völlig anders war. Etwa so: Der Markgraf hatte die Nase voll von seiner putzsüchtigen Frau Gemahlin von und zu Württemberg und suchte einfach seine Ruhe. Irgendwo. Nun suchte er die nicht alleine, sondern in seinem Gefolge und das bestand (schon immer) aus jungen Damen. Die sangen, ihm zum Wohle. Unter anderem. Aber dann kam sein angetrautes Gespons und quälte ihn mit der Hausordnung. Aber Putzen war nie seine Sache. Logischerweise gründete er daraufhin sein eigenes Gemeinwesen, erfand die Liberalität und vieles mehr. Prosperität für alle. Der Stadtgründer zeigte sich als frühsinniger Demokrat und neigte zu Genüssen. Jedweder Art. Neigte sehr. Und es war gut so…
INKA: Und wie geht es anschließend weiter?
Schwiers: Das gute und großzügige Klima in der Stadt sorgte für Wohlstand und damit kamen auch eine Reihe großartiger Denker und Macher, die sich hier wohlfühlten. Etwa ein Johann Peter Hebel (gut, der träumte immer vom Oberland), der für Karlsruhe ganz wichtig war. Und so Typen wie Drais, ein überzeugter Demokrat und, heute würde man sagen Querdenker, fand hier, abgesehen von einigen Deppen, die ihn versuchten fertigzumachen, einen guten Boden. Aber natürlich setzt sich die Geschichte nicht chronologisch bei uns fort, das wäre ja langweilig. Wir springen gern ein wenig hin und her, sind eher thematisch orientiert. Aber immer nur so sprunghaft, dass die Zuschauer mitkommen. Und selbstverständlich geht es auch um die gegenwärtigen Zustände in der Stadt. Hinter- und untergründlich. Da gibt es etwa Lilo, Karl Wilhelms Lieblingshofsängerin, die auf erklärbare Weise die 300 Jahre unbeschadet überstanden hat und bestens weiß, wo es fehlt.
INKA: In der Geschichte der Stadt taucht ja eine verwirrend große Menge Karls auf – wer davon bekommt auch im Stück einen Auftritt?
Schwiers: Nur ein Beispiel: Carl Benz und Karl Drais treffen sich zufällig an einer ziemlich langen roten Ampel (natürlich hat es die Begegnung nie gegeben) und ziehen ein satirisches Resümee. Auf einen Karle musste ich – leiderleider – verzichten. Das war der Karle mit de Dasch; aber der war eben Dorlacher (sic).
INKA: Wo findest du denn die Ideen für ein solches Stück und wie hat es sich im Laufe der Arbeit entwickelt?
Schwiers: Als überzeugter Karlsruher, der schon deutlich über 60 Jahre in dieser Stadt lebt, braucht man nicht viel, um auf Themen zu kommen. Die liegen halt so rum. Außerdem steht mir ein mitdenkendes Ensemble zur Verfügung, das sich mit ganz vielen Ideen einbringt.
INKA: Und was würde Karle der Stadtgründer wohl sagen, wenn er heute durch Karlsruhe spazieren würde?
Schwiers: Sicher würde er nicht mehr in die Gruft zurückwollen. Da kommt ständig einer, der seinen Schirm sucht. Laut ist es da auch, wegen der Bedürfnisanstalt, und mit dem U-Sträble will der Markgraf gar nichts zu tun haben. Da fehlt ihm der Lustaspekt des Reisens. Wenn man genau hinhört, kann man ihn auch auf die Verantwortlichen schimpfen hören. Andererseits: Meckern und Bruddeln hilft auch nicht – so muss er halt 50 Jahre warten, bis er wieder aufgetaut wird. Vielleicht gibt es dann ja ein paar knackige Mädels, denkt und hofft er. Das mag politisch nicht ganz korrekt sein, aber so ist er halt.
So, 12./26.7., 19 Uhr, Sa, 18.7., Fr, 24./31.7. und Sa, 1.8., 20.30 Uhr, Sandkorn-Theater, Karlsruhe
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