Schauspiel 2015/16 am Badischen Staatstheater

Bühne & Klassik // Artikel vom 13.09.2015

Schauspieldirektor Jan Linders im INKA-Interview mit Friedemann Dupelius.

INKA: In den BNN hieß es, nach vier Jahren Kennenlernphase mit dem Publikum könne man jetzt aufbrechen. Können Sie das erläutern?
Jan Linders: Eine neue Theaterleitung braucht Zeit, um anzukommen. Mittlerweile haben wir mit sehr vielen in der Stadt zusammengearbeitet. Wir wissen, wie die Karlsruher ticken und was sie möchten – auch, was wir möchten, nämlich, ein Theater zu machen, das für die Stadt engagiert ist, aber mit Themen, die über sie hinaus relevant sind. Die Karlsruher machen wahnsinnig viel mit, setzen sich ins Denkkloster im „Glasperlenspiel“, laufen mit „Remote Karlsruhe“ durch die Stadt und schauen sich schwierige Themenstücke an, um danach zu diskutieren. Wir wissen jetzt, dass wir uns das gegenseitig zumuten können.

INKA: Die Spielzeit 2015/16 liest sich von der Beteiligung her sehr international. War das Absicht?
Linders: Ja. Wir haben in unserer Arbeit viele internationale Regisseure kennengelernt, die wir einladen wollten – zum Beispiel den jungen Ungarn Csaba Polgár, der einen sehr politischen Hamlet (Premiere: 2.10.) inszenieren wird, oder Benjamin Lazar aus Frankreich, der nach seiner Kerzeninszenierung bei den Händel-Festspielen 2014 mit „Kinder des Olymp“ (31.1.16) nach Karlsruhe zurückkehrt. Wir denken, dass der Moment günstig ist. Die Stadt hat sich gerade selbst gefeiert und verändert sich derzeit sehr. Viele Leute aus aller Welt kommen nach Karlsruhe, ob als exzellente Wissenschaftler, Mitarbeiter internationaler Firmen oder als Flüchtlinge. Darum ist diese Öffnung gut für Karlsruhe, dessen Strahlen ja auch in die Welt hinausgehen, und das in einer Grenzregion liegt.

INKA: Wie wollen Sie das Regionale weiter einbeziehen?
Linders: Wir greifen Themen auf, die einen Resonanzraum in der Stadt haben, aber übergeordnet wichtig sind – zum Beispiel den Völkermord an den Armeniern in „Die Kinder des Musa Dagh“ (28.11.). „Die Troerinnen“ (9.4.16) handelt von der Gründung Europas und zielt dabei auch auf diese Stadt. Die Sparte Volkstheater hat mit Anna Schmutz nun eine eigene Direktorin. Dort wird es weitere Projekte geben, die Menschen aus der Stadt und ihre Geschichten auf die Bühne bringen. Zu den Europäischen Kulturtagen 2016 erarbeitet eine Volkstheater-Gruppe ein Stück über das Thema Gewalt (10.4.16).

INKA: Was auffällt ist, dass sich viele Stücke um Krieg und Gewalt drehen...
Linders: Theater ist immer Konflikt. Ich verstehe Theater nicht als Ablenkung. Aber mit dem Musical „Monty Python’s Spamalot“ (27.9.) und der Komödie „Das Abschiedsdinner“ (13.12.) machen wir auch unterhaltsame Stücke.

INKA: Was lässt das deutsch-israelische Projekt „Love Hurts“ (1.10.) erwarten?
Linders: Deutschland-Israel ist natürlich ein politisches und geschichtliches Spannungsfeld. Wir schauen mit Regisseur Avishai Milstein aber ins Private, auf Menschen aus beiden Ländern, die trotz aller historischer und religiöser Widrigkeiten zueinander gefunden haben. Da gibt es zum Beispiel den israelischen Musiker, der mit einem deutschen Pastor verheiratet ist, der jetzt Rabbiner werden will – diese Geschichten sind so unglaublich und so gegenwärtig. Drei israelische Schauspieler und drei aus dem Karlsruher Ensemble spielen das Stück hier und in Tel Aviv, auf Hebräisch, Deutsch und Englisch mit Übertiteln.

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