Fortda, KünstlerInnenkollektiv

Porträt
Fortda

Alle zusammen an einem Ort – das ist nicht nur der Pandemie wegen selten geworden. Doch fürs INKA-Gespräch ist das Fortda-Kollektiv zumindest fast komplett im digitalen Raum versammelt. Alle Mitglieder eint „ein gemeinsames Interesse an der kreativen Begegnung mit Menschen“, das in den vergangenen zehn Jahren in über 20 künstlerischen Projekten in Karlsruhe mündete. Zusammengefunden haben Antonia Marten, Carolin Rothmund, Christina Zingraff, Fanny Kranz, Henrike Plegge, Max Kosoric und Sanne Pawelzyk 2012 über ihre Arbeit im ZKM. Mit verschiedenen Gruppen haben sie dort Vermittlungsprojekte entwickelt und „während der Arbeit gemerkt, welche Grenzen es in Institutionen gibt“, sagt Plegge. So entstand die Idee, „raus aus der Institution zu gehen und selbst mehr zu gestalten“. Das Kollektiv wollte die Themen künstlerisch bearbeiten, die „die Menschen selbst angehen und keine vom Museum oder anderen Institutionen gesetzten Themen. Wir suchen uns Gruppen, um gemeinsame Themen zu finden.“

Erst nach der Idee zur künstlerischen Umsetzung des Themas suche das Kollektiv Institutionen, die dies unterstützen wollten, sagt Plegge. Fortda sucht dafür häufig den öffentlichen Raum. „Was heißt es, sich Räume wieder selbst anzueignen, wie kann man einen gemeinschaftlichen Ort schaffen und auch Menschen einen Raum geben, die selbst in einigen öffentlichen Räumen keinen Platz haben?“, beschreibt Kranz die Fragen, die sich das Kollektiv mit ihren PartnerInnen vorab stelle. „Wir wollen Orte so weit öffnen, dass sich alle angesprochen fühlen“, ergänzt Kosoric. Dabei gelte es Hürden abzubauen. „Wir schauen, was bringen die Leute mit und handeln aus, was wir gemeinsam hinbekommen“, sagt Kranz. Besonders gelungen, sei dies mit „Oberreut Deluxe“, einer mobilen Plattform auf dem dortigen Grünstreifen, die die Menschen im Stadtteil zusammenbringen sollte. „Wenn etwas anders ist, als man es immer gewohnt war, entstehen neue Möglichkeiten. Der Grünstreifen wurde plötzlich wahrgenommen, obwohl er immer da war.“ Gerne hätte Fortda das Projekt fortgesetzt. „Gerade war das Gefühl da, jetzt geht es los und die Menschen beteiligen sich, dann ging aber das Geld aus“, sagt Kosoric. Doch Pawelzyk sieht auch das Positive an den meist nur zeitlich begrenzten Projekten des Kollektivs: „Temporäres hat auch Charme. Durch die Aufmerksamkeit, weil es nicht immer da ist, weckt es die Neugierde.“

Daraus entstehe auch Anreiz und Inspiration zur Beteiligung oder für eigene Ideen, sagt Marten. Ein Schlüssel für die Fortda-Projekte sei aber auch „kein Zwang, dass etwas passieren muss“. Vielmehr gelte es, mit Unvorhergesehenem umzugehen und im Zuge der künstlerischen Arbeit mit dem Gegenüber zu interagieren „Einfach da sein mit der Kunst und mit der entstehenden Spontaneität umgehen“, sagt Kranz. Ob in einem temporären öffentlichen Pausenraum, auf einer Picknickdecke oder in der „Fahrradwerkstadt“ – bei den Fortda-Projekten mit Schulklassen, Geflüchteten oder dem ganzen Stadtteil steht stets die direkte Kommunikation und Interaktion im Mittelpunkt. Aktuell arbeitet Fortda in der Schillerschule mit mehreren Schulklassen in einem Zeichenraum mit Ateliercharakter. „Die Idee ist, dass die Schüler selbstorganisiert das machen, auf was sie Lust haben“, beschreibt Pawelzyk auch hier den offenen Ansatz des Kollektivs. Unterschiedliche Ausbildungen und Erfahrungen der Mitglieder machten das Kollektiv vielfältiger und von diesen unterschiedlichen Herangehensweisen profitiere man, denn es gäbe noch einiges zu tun in der Stadt. „Mir fehlen die ungewöhnlichen Orte in Karlsruhe. Orte, an denen man sich überraschen lassen kann“, sagt Kosoric. Auch wünscht sich Marten „mehr Orte, die kein Stadtmarketing sind und eine Offenheit für alle haben“.

Bei Fortda haben sie festgestellt, dass schon kleine Veränderungen, neue Möglichkeiten schaffen könnten. Und Orte dafür gäbe es genug. „Karlsruhe hat einige neue Ecken bekommen, aber die sind immer noch alle sehr steril.“ „Das passiert irgendwie“, ist der Anfang eines neuen Fortda-Projekts selbst für Kranz nicht immer zu erklären. „Zack ist manchmal die Idee da, ein anderes Mal werden wir angefragt.“ Doch auf diese Weise gelänge es seit zehn Jahren immer wieder, neue Formen und Projekte gemeinsam zu entwickeln. Dabei würden nicht immer alle alles zusammen machen. „Mal pausieren einzelne und setzen aus, aber wir finden uns immer irgendwie wieder zusammen.“ Eine Hürde sei natürlich immer „das mit dem Geld“. Doch „wir haben den Luxus, dass wir fast alle auch noch anderswo Angestellte sind und das nicht aus Zwang als Selbstständige machen müssen“, sagt Kranz. „Wir entwickeln einfach sehr gerne miteinander Projekte und haben Spaß während der Umsetzung“, ergänzt Plegge. „Sonst gäbe es uns längst nicht mehr.“ -fk


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