Laura Polke, Siebdruck-Künstlerin

Porträt
Laura Polke

Sie ist eine der Künstlerinnen, die INKA-Herausgeber Roger Waltz beim Besuch der Kunstinitiativen-Plattform „UND #8“ in besonderer Erinnerung geblieben ist. In der unmittelbar nach Öffnung noch bitterkalten, unbeheizten Dragonerkaserne, die derzeit saniert und als Badisches Konservatorium fungieren wird, stellt Laura Polke 2015 schwer fröstelnd ihre bunten, an die Street-Art angelehnten Werke aus; darunter auch bemalte und besiebdruckte Schallplatten. Eine davon, „Bei Waffenabgabe Gratislimo!“ (Motiv: ein tanzender Affe, der mit einer Weltkugel als Fußball jongliert und Eso-Limo trinkt) ziert noch heute seine Wohnung. Fünf Jahre später traut er seinen Augen kaum, als er Laura Polke auf dem Wochenmarkt am Stephanplatz wiedererkennt: Bei eisigen Temperaturen verkauft sie ihm statt ihrer Kunst nun Bio-Gemüse.

Alle Sorgen, sie habe es aufgegeben, ihrem großen Talent nachzugehen und den Pinsel beiseitegelegt, sind aber unbegründet. In ihrem Weststadt-Atelier türmen sich siebbedruckte Tücher, T-Shirts und Kissen, Plastikskulpturen säumen die Regale, Sprenkel und Flecken in jeder Farbe kleben an Boden und Wänden. Das Spezielle dabei: Was wie gesprayte und übermalte Street-Art aussieht, ist eigentlich meist purer Siebdruck. Der wird aber von ihr so interpretiert, als würde die Künstlerin malen. Nach wie vor ist Kunst Lauras Ventil, aber auch das Übermitteln einer Botschaft treibt die Künstlerin an, wie der Siebdruck einer kotzenden Biene Maja zeigt, die die Worte „Work – Buy – Consume – Die“ ausspuckt. Oder die Skulptur eines Throns, auf dem die Lettern „Enjoy Climate-Change“ prangen. „Es ist mir wichtig, die Betrachter meiner Kunst daran zu erinnern, dass sie selbst entscheiden können, wie sie ihr Leben und die Welt gestalten und nicht nur mitlaufen müssen“, erläutert Laura Polke.

Das ist nicht zu übersehen in der Kunst der 29-Jährigen, die mit ihrer großen runden Brille und den Rastazöpfen auch optisch an eine künstlerische Ausgabe der ja ebenfalls rastlos-kreativen Pippi Langstrumpf erinnert. Wie diese macht sie, was sie will und für richtig hält. Ihr bisheriger Lebensweg war durchaus schwer bewegt: 1991 im Berliner Arbeiterviertel Wedding geboren, antwortete Laura als Kind auf die Frage, was sie später einmal werden wolle, stets mit „Feuerwehrfrau“ – bis sie in der dritten Klasse erfährt, dass auch KünstlerIn ein Beruf ist. Und den ergreift sie, wird Teil eines Berliner Club-Dekoteams, wo sie für die Ausstattung elektronischer Festivals eigene Bilder malt, und landet mit 18 im Kunsthaus Tacheles, einem riesigen besetzten Gebäude in Berlin-Mitte. Dort lernt sie neben dem künstlerischen Produktionsprozess auch, ihren Kunstwerken ein Statement zu verleihen. Dass es im Tacheles von Künstlern aus aller Welt nur so wimmelt, kommt ihr zugute: Über sie gelangt Laura nach München, Baden-Württemberg und in die Schweiz, wo sie sich bei Gruppenausstellungen beteiligt und in Trash-Art-Museen präsent ist. Außerdem kann sie über einen Rote-Kreuz-Kontakt ihre ersten Siebdruck-Workshops in Jugendclubs anbieten. Nach der Zwangsräumung des Tacheles findet sich die 22-Jährige 2013 auf der Straße wieder und verkauft bedruckte Schallplatten, T-Shirts, Tabak- und Jutebeutel auf Berliner Märkten.

„Ich habe einfach alles zu Kunst gemacht, was mir so in die Hände kam.“ Neuen Schwung erhält Laura Polkes Künstlerlaufbahn 2014 durch Andreas Lapos. Der Journalist und Kohi-Ausstellungsmacher reist immer mal wieder in die Hauptstadt, um nach neuen spannenden Künstlern Ausschau zu halten und bietet der Berliner „Straßenkünstlerin“ eine Einzelausstellung im Kulturraum am Karlsruher Werderplatz an. Das Glück ist weiter auf ihrer Seite, sie lernt dort sozial- und pädagogisch engagierte Leute kennen, die es Laura Polke ermöglichen, Siebdruck-Workshops für Kinder und Jugendliche in Schulen und Jugendclubs zu geben. Ihre eigenen Workshops für Erwachsene im Kohi sind meist sehr schnell ausgebucht. Die meiste Zeit verbringt Laura Polke aber in ihrem Atelier, wo sie sich zum ersten Mal auch größeren Projekten widmen kann. Die Arbeit auf dem Wochenmarkt ist ein willkommener Ausgleich zum kreativen Leben: „Gemüse ist einfach mein Ding, außerdem bringt diese Tätigkeit Struktur in meinen Alltag.“ Mal schauen, wo sie ihr Motto „Mal gucken“ noch hinführt. -fra



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