INKA Stadtmagazin #190

Inka Ausgaben // Artikel vom 01.03.2025

INKA Stadtmagazin #190

Wenn man sich anschaut, wie Karlsruhe derzeit dasteht, kann einem angst und bange werden – aber okay, viele interessiert auch wenig, was direkt vor der Haustür abgeht.

Denn: Nichts geht mehr, was nicht am Tropf von Fördermitteln hängt. Das reicht von der weiter teils unzumutbaren Abfallentsorgungssituation bis zur Haushaltssperre, von nicht gebautem Wohnraum bis zu gefällten – besonders erhaltenswerten – Platanen am Staatstheater. Wochenlang lässt sich die Stadtverwaltung Zeit, um ein paar INKA-Fragen – kaum – zu beantworten. Die zuständige lokale Presse: Schweigt. Wer muss was schreiben? Ein Musikjournalist. Nein, der SWR kommt zu Hilfe am 5.2.: Beim Ortsgespräch mit der Finanzspitze („Der OB ist nicht da“) gibt’s kaum Auskunft, von Einsicht oder Fehlentscheidungen der Verwaltung oder des Gemeinderates ganz zu schweigen.

Ohne Florian Kaufmanns Text im Stadtleben vorzugreifen kurz zum Haushalt: 2023 wurde ein Ergebnisplus von über 20 Mio. erzielt, 2024 soll trotz der Kürzungen von über 90 Mio. ein Minus von 70 Mio. stehen. Bei einem Gewerbesteuerrückgang von acht Mio. im Vergleich zum Rekordjahr ’23 mit über 190 Mio. Wo sind also die mind. 70 Mio., die plötzlich fehlen? Wie sollen 190 Mio. Gewerbesteuern ein jährliches 120-Euro-Minus bei den Verkehrsbetrieben decken, darunter 30 Mio. allein für den Betrieb der U-Strab, pro Jahr. Dieses strukturelle Minus ging der OB nie an. Völlig irre, dann noch mit über 40 Mio. die Turmbergbahn durchzupeitschen. Oder 22 Mio. für die „World Games“. Oder für 120 Mio. ein Gewerbegrundstück in Hagsfeld kaufen kurz bevor die Preise drastisch fielen? Wohnungsneubau?

OB-Freund Gröner will/muss jetzt über 70 Prozent seines C-Areal-Gebiets in der Nordstadt weiterverkaufen. Da wäre doch die Volkswohnung ein guter Partner, die einzigen, die in Karlsruhe nennenswert Wohnraum neu schaffen, deren für Invests vorgesehene Gewinne nun aber abgeschöpft werden. Haushalt. Der OB wird sicher einen guten Deal hinbekommen, wetten? Was ist eigentlich mit dem Investitionshaushalt? Gehört dieser nicht endlich auf den Prüfstand? Prüfen, was das Nötigste ist? Z.B. die halb verfallende Fassade der Schule am Gutenbergplatz sanieren?

Statt sich mit den Granden der Stadtverwaltung in Indien auf große Reise zu begeben, hätte die Stadtgesellschaft endlich ein Statement zu den genannten Vorgängen erwartet. Antworten, keine PR. Stattdessen schreibt die Stadtverwaltung in der „Stadt-Zeitung“ vom 21.2. die Haushaltssperre entstand u.a. „wegen der schwächelnden Konjunktur in Deutschland. Dadurch hat die Stadt geringere Steuereinnahmen“. And so on. Man hält offenbar die gesamte Bürgergesellschaft für völlig verblödet. Ganz schön respektlos.

Obwohl am Staatstheater bei der Baumfällaktion auch besonders zu schützende, absolut nicht zu fällende, alte Platanen zersägt wurden, verweigerte der OB den Baumbesetzern ein Gespräch. Wie sich nach Anwohnerprotesten und Anzeigen gegen den OB dann bei einem Vororttermin mit Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) herausstellte, war eigentlich sie für die Bäume und Fällungen zuständig, aber da kam ihr der Oberste Baumfäller zuvor. Wie sprach sie so schön: Wurde alles vor ihrem Amtsantritt entschieden. Die Baumbesetzung wurde beendet, nachdem es nun – wie modern und ökologisch – allen Ernstes eine Grünsatzung für die ganze Stadt geben soll. Diese kollidiert allerdings frontal mit dem Ziel der grünen Landesregierung, der Nachverdichtung um jeden Preis.

Ach ja, auch der Kultur soll es jetzt mit weiteren 800.000 Euro Kürzungen an den Kragen gehen. Für 2026/27 sind dann weitere „harte Einschnitte“ nötig, sagt der OB, der sich sicher kümmern wird. Er will ja nicht an die Nachfolgenden eine einst vermögende, jetzt aber komplett runtergewirtschaftete Stadt übergeben. Eigentlich wäre es an der Zeit, endlich eine Brandmauer „Bildung und Kultur“ zu planen im Post-Corona-Post-Energiekrise-Post-Ukraine-Migrations- und -Kriegskosten-Dilemma. Aber wenn die Unkenrufe stimmen, soll ausgerechnet der Berliner Kulturabholzungssonderbeauftragte Joe Chialo neuer Staatsminister Kultur werden und auf Claudia Roth folgen. Schwierig alles, wo man doch den Eindruck hat, demnächst beginnt Trump einen Krieg gegen Europa. Hat aber wohl was miteinander zu tun.

Nachdem die Kunststadt während der „art Karlsruhe“ ihr ganzes Potenzial auffächerte, vergnügen wir uns derweil eben einfach weiter mit Kunst und Kultur: Unser „INKA Stadt“-Cover ziert das neue Hertzlab-Format „Turns“, eine Konzertreihe für elektronische Musik und Soundart, für die der ZKM-Kubus ein neues loungiges Outfit bekam. Unser „INKA Regio“-Cover führt diesmal nach Stuttgart, wo in der Staatsgalerie mit „Stand Up!“ feministische Kunst aus den 70ern eine neue spannende Schau eröffnet. Neuland war für mich, wie viele künstlerische Antibügelstatements es gab. Das suppt bis heute an die Supermarktkasse durch. Der Einkauf von Bügelwasser bleibt mit „I bügel net“ nie unkommentiert, wenn der männliche Notoriker aus dem Bügel-, Wasch- und Fusselministerium für sein tägliches morgendliches Bügelmovement Nachschub benötigt.

Einen schönen Frühling wünscht das INKA-Team
Roger Waltz, Julia Heiß & Patrick Wurster

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