dunkelblaufastschwarz
Kino & Film // Artikel vom 24.06.2007
Es geht eigentlich um einen Anzug. Den hätte der junge Jorge über alles gerne, und zwar in dem titelgebenden Farbton.
So aber muss er, der eigentlich Betriebswirt ist, sich mit Mülltonnen und tropfenden Wasserhähnen herumplagen.
Er, der Gebildete, ist eine Art Exempel jener Spezies, die man bei uns neumodisch als "Prekariat" bezeichnet. Der Zustand des Unglücklichen resultiert aus einem katholisch geprägten Schuldkomplex.
Jorge, dem die Welt offen stand, litt offenbar zeitlebens darunter, dass er etwas "Besseres" als sein Vater sein wollte (und durfte). Und nachdem er nun das Studium abgeschlossen hat, fällt der alte Herr beinahe tot um und wird zum Pflegefall.
Und Jorge, auch um Zeit in seinem jungen Leben zu schinden, wird sein Versorger. Versuche, dem retardierten Zustand zu entkommen, betreibt er nur halbherzig. Doch nun kommt der filmische Zufall ins Spiel. Jorge hat nämlich einen älteren Bruder, der eine kriminelle Karriere hinter sich hat.
Und da im Film Männlein und Weiblein in spanischen Gefängnissen zusammen untergebracht sind, lernt er dort eine Frau kennen, die er gerne schwängern würde – um ihr bessere Haftbedingungen zu verschaffen. Geht aber nicht wegen Unfruchtbarkeit. Was nun spräche für einen brüderliche Hilfe in dieser Angelegenheit?
Allerdings gibt es da auch noch die Interessen einer gewissen Natália zu berücksichtigen, die ist nämlich die wirkliche Freundin Jorges. Und dann war da noch die Geschichte von Jorges bestem Freund Israel, wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Ex-Madonna-Gatten Sean genannt, der sich sexuell zu Männern hingezogen fühlt.
Es ist für einen Regisseur, der auch sein eigener Drehbuchautor ist und der aus Spanien stammt, dort Filme dreht und der noch eine Leidenschaft fürs Melodram verspürt, schwer, aus dem Schatten des Gottvaters Pedro Almodóvar herauszutreten, der, als einer der Vertreter der "movida" in den nach-Franco-Jahren nach 1976 einen vollkommen eigenen (und künstlerisch wie kommerziell höchst erfolgreichen) spanischen Filmstil entwickelt hat.
Dem Regisseur von "dunkelblaufastschwarz", Daniel Sánchez Arévalo, ist dies mit seinem ersten langen Spielfilm wirklich gelungen.
Man könnte jetzt Phrasen dreschen von der Subtilität der Erzählweise oder der Dezenz der Bebilderung, oder es auch nur so sagen: "dunkelblaufastschwarz" ist ein toller Film, der in 105 Minuten sehr viel zu erzählen weiß, der Spaß macht und einen nachdenklich stimmt.
Und die Behauptung, Sánchez Arévolos Hauptdarsteller Quim Gutierrez sei Spaniens größter Star seit Antonio Banderas überprüfen wir gerne in circa 25 Jahren.
Vor 25 Jahren begann nämlich Banderas' Aufstieg zum Superstardasein?– bei Almodóvar. -A.O.F.
Spanien 2006,
Buch/Regie: Daniel Sánchez Arévalo,
mit Quim Gutiérrez, Marta Etura, Raúl Arévalo, Antonio de la Torre, Héctor Colomé
ab 21. Juni, Schauburg
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