Ausstellungsrezension „(A)I Tell You, You Tell Me“

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 01.07.2024

Anne Duk Hee Jordan – „Electrify Me, Baby“ (Foto: Stella Braasch)

Ein surrendes Brummen, in einem unregelmäßigen Takt ein kurzes Pumpgeräusch, dann leichtes Rascheln.

Im ersten Lichthof herrscht ruhiges, doch stetiges Treiben. „…Menschen, Ameisen, und Krea…“. Bei jedem An- und Absetzen zu einem Buchstaben gibt’s ein neues „Tuff“. „…Robotik über… „. Ich stehe bestimmt 15 Minuten an dem Fließband und blicke konzentriert auf ultramarinblaue Plastikhäcksel, welche nach und nach aus Buchstaben ganze Wörter formen. Schwungvoll pumpen zwei Industrieroboter mit ihren Schlaucharmen das recycelte Granulat auf die weiße Fläche. Die Künstlergruppe Robotlab hat für „AEIOU“ (2024) eine KI mit Robotertheorie der vergangenen Jahrzehnte gefüttert und lässt diese KI-Maschinen-Kombo einen selbstreflexiven Dialog führen. Die blaue Schrift erzählt uns also, wie das menschliche Denken über Roboter von Robotern, durch Menschen angelernt, weitergesponnen wird.

Bitte wie? Maschinen lernen durch Menschen. Sie beziehen sich auf das, was schon da war und kombinieren es neu. Und können sich mittlerweile eigene Regeln setzen. Korrigieren müssen wir sie selbst. Doch sind wir uns wirklich bewusst, wie wir mit unseren Suchanfragen beeinflussen, was wir finden? Kann ich mich, während ich eine Technologie nutze, erinnern, wie sie funktioniert, und was mir gerade nicht gezeigt wird? KI ist überall und rückt näher. Ob das unbehaglich wird oder nicht, entscheiden Menschen. Die drei Auftragswerke für „(A)I Tell You, You Tell Me.“ führen diese Beziehungshaftigkeit vor Augen.

„Zzzzsch!“ Ein paar Personen quietschen und lachen. Ich bin im zweiten Lichthof gelandet. Mit einem Knall schießt Luft aus dem Boden, grüne Strudel wirbeln, die Wände sind ein einziges Spiel aus Farbe und Textur, Bergwelten. HfG-Professorin Anne Duk Hee Jordan hat mit „Electrify Me, Baby“ einen eigenen Kosmos geschaffen, wild, bunt, schnell. Die Künstlerin interessiert die Komplexität von natürlichen Prozessen, in Verschmelzung mit dem Nichtlebendigen, mit Technologie.

Ich sinke dankbar auf eine Bank um die Ecke, Kopfhörer neben und ein Video vor mir. Mit schnellen Cuts werden in Jordans „Brakfesten/La Grande Bouffe“ (2022) Nahaufnahmen von kämpfenden Insekten und ein badenden Albino-Elch gezeigt. Puh, das gibt es auch noch. Irgendwas, an dem sich mein aktiviertes Nervensystem beruhigt. Das mampfende Kaninchen ist ziemlich laut, im Hintergrund elektronische Beats, und trotzdem ist es ein Ausatmen, während im Kopf dauernd mitrattert, was ich hier eigentlich mache. Mit Maschinen spielen, im Raum nebenan, wo das Foto von Lynn Hershmann Leeson hängt.

„Was würde Robotik über Menschen, Ameisen und Kreaturen aussagen?“ Ich weiß es nicht, frage mich eher, wie willkürlich diese Kategorien sind. Und was sagt mir der sich schüttelnde, nasse Elch? Genuss der Sinne und den Körper nicht vergessen. I Tell You: Keep Perspective, Get Involved. -sb

bis 24.11., ZKM-Lichthof 1+2, Karlsruhe

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