„Lebendiges Galeriensterben“

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 20.06.2012

Die einen kommen, die anderen gehen.

Die Galerienszene in Karlsruhe ist in Bewegung. Doch manche Entwicklungen sind aus Sicht des Galeriengängers sehr bedauerlich – so zum Beispiel die Tatsache, dass Raimund Vögtle zu Jahresende seine Galerie aus wirtschaftlichen Gründen schließt. Die junge regionale Kunst hat damit einen Förderer weniger und Karlsruhe verliert einen engagierten Galeristen.

Derzeit präsentiert er übrigens mit Susanne Ring (Foto) unter dem Titel „Freaks Of Nature“ Keramiken, die an Arbeiten indigener Völker erinnern. Sofern man von „positiv“ im Angesicht der Schließung reden kann: Vögtles Unterstützung in Form günstiger Wohnmöglichkeiten für Akademiestudenten im Galerienhaus wird immerhin bestehen bleiben. Bedauerlich auch, dass Dirk Supper, der seit sechs Jahren die Galerienszene bereichert hat, gen Baden-Baden abwandert. Seiner Meinung nach darf gerade eine Galerie, die auf junge Positionen spezialisiert ist, nicht statisch sein, sondern muss von Zeit zu Zeit den Standort wechseln.

Von Baden-Baden verspricht er sich, dass all jene, die zur Lichtentaler Allee pilgern, im Anschluss an den Museumsbesuch in seiner Galerie vorbeischauen. Ein weiterer Weggang war bereits zum Jahresende zu verzeichnen: Heinz-Martin Weigand verlegte seine Galerie von Ettlingen nach Berlin. Gerüchte gibt es auch über andere Galerien, wobei diese schwer damit zu kämpfen haben, dass auswärtige Besucher Karlsruhe aufgrund der extremen und unkalkulierbaren Baustellensituation einfach meiden, so gut es geht.

Aber es gibt auch Spannendes und Frisches aus der Szene zu berichten: Neben der Neueröffnung von Rothweiler in Durlach ist auch in der Stadt selbst zu beobachten, dass projektorientiertes Arbeiten einen Stellenwert hat. Den Anfang haben wohl die Brüder Baden mit der Ferenbalm-Gurbrü Station gemacht, die seit geraumer Zeit in verschiedensten Räumlichkeiten und an eher ungewöhnlichen Orten präsentieren, so zuletzt im ehemaligen Forschungszentrum. Unter dem Namen MM Projects eröffnete Martin Mertens im vergangenen Dezember einen Projektraum (den er zur Galerie ausweiten will), in dem derzeit mit Kai Mailänder und Katja Schwinn zwei Meisterschüler der Karlsruher Akademie präsentiert werden. Auch die Schauraum-Galerie oder der Concept Store von Romy Ries bieten jungen KünstlerInnen Raum für Ausstellungen.

Und nicht zu vergessen sind Initiativen wie „Bilder suchen ein Zuhause“: Silvia Posavec rückt hier die Schließung der Nationalgalerie in Sarajevo, Bosnien und Herzegowina in den Fokus und hinterfragt, was passiert, wenn die Kommunen kein Geld mehr für Kultur haben. Deutlich wird also, dass Karlsruhe ein lebendiger Galerienstandort ist, der seit Gründung der art Karlsruhe und mit deren Rückenwind sicher gewonnen hat. Man muss aber, um mit Ewald Schrade zu sprechen, nicht glauben, dass es genügt, sich an die art zu hängen, denn „Galerist sein ist ein Fulltime-Job, wie jeder andere auch!“ -ChG

Galerie Voegtle, Eröffnung: 30.6., 16 Uhr, bis 11.8., MM Projects: bis 23.6., Kriegsstr. 134; Posavec: Eröffnung 20.6., 21 Uhr, bis 27.6., Casino des ehem. Versorgungsamtes

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