Mykene

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 16.12.2018

Schliemann war wohl der erste Archäologe, der fachübergreifend vorging.

Durch die Lektüre von Homer und Pausanias angeregt, fand er erst Troia, grub dann Mykene aus, die Stadt Agamemnons. Sehr penibel war er bei den Ausgrabungen nicht, zum Entsetzen seiner Kollegen. Aber was für Schätze er fand! Wichtiger als die einzelnen schönen Fundstücke ist heute die Erkenntnis, dass auf der Peloponnes eines der ersten großen Reiche Europas seine Machtzentren hatte, von denen aus Griechenland beherrscht wurde. Durch vielfältige Handelsverbindungen nach Ägypten, Kleinasien und bis zur Ostsee ist dieses Reich schnell mächtig geworden, bis es plötzlich unterging – niemand weiß bis heute, warum. In einer schön komponierten Ausstellung zeigt das Badische Landesmuseum Kunstschätze, von denen viele erst kürzlich ausgegraben wurden und noch nie ausgestellt oder dokumentiert wurden.

Ausgestellt ist in Karlsruhe vieles, was sonst unter Verschluss bleibt, allerdings nicht „Agamemnons Maske“, die wird nie ausgeliehen. Eine andere Goldmaske ist zu sehen, fein ziselierte Siegelringe mit winzigen, präzise ausgeführten Gemälden darauf, delikate Halsketten aus Gold oder Fayence und Bernstein, miniaturisierte Votivfiguren, große Göttinnenstatuetten, Schwerter und Pfeilspitzen, Priesterinnenkronen und einfache Krüge. Ein großer Raum ist gar als Thronsaal inszeniert, mit prächtigen bunten Fußböden und Wand- und Deckenmalereien in Freskomanier, mit Szenen aus dem mykenischen Leben.

Erzählt wird in der Ausstellung auch vom Alltagsleben in diesem Großreich, von der Verwaltung, der Vorratshaltung, den Festen und der Religion, alles durch die Objekte angedeutet und auf den Saaltexten gut und knapp dargestellt. Der dicke Katalog ist für eine nähere Beschäftigung mit der Geschichte allerdings unverzichtbar. Auch dann, wenn es um das plötzliche Ende der Mykener geht: Alle Paläste brannten ab, die Kultur ging unter. War es ein räuberisches Seevolk, eine Epidemie, eine Dürre, eine Revolution? Hier können Besucher an Tablets die neueren Forschungen verfolgen und sich selbst eine Theorie bilden. -gepa

bis 2.6., Badisches Landesmuseum, Karlsruhe

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