So viel Anfang! Künstlerinnen der Moderne und ihr Werk nach 1945

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 17.12.2023

Lotte Laserstein Selbstporträt in Braun am Fenster, 1947 © Abb. Vorlage: Lotte-Laserstein-Archiv Krausse, Berlin

Kunst von 15 Künstlerinnen bildet die Basis zur Ausstellung „So viel Anfang!“, die sich der Moderne sowie Werken nach 1945 verschrieben hat.

Mit von der Partie sind renommierte Positionen, aber auch Kunst von Frauen, die bisher weniger Beachtung fand. Zu sehen sind experimentelle Collagen, abstrahierte Gemälde und zeitkritische Zeichnungen, die vor dem Ersten Weltkrieg wesentlicher Bestandteil der Avantgarde waren, nach Kriegsende jedoch an Präsenz verloren und lange Zeit weitestgehend unbeachtet blieben. Zumeist in Museumsdepots oder Nachlässen aufbewahrt, wurden die Arbeiten von Künstlerinnen wie bspw. Helena Buchholz-Starck, Eleonora Rozanek, Margaret Camilla Leiteritz, Alexandra Povòrina (Abb. rechts: Fluss und Gitter, 1950er Jahre), Marie-Louise von Rogister, Lotte Laserstein und Louise Rösler erst später ans Licht befördert und erlangen nun die verdiente Aufmerksamkeit.

Rund 140 ausgewählte Werke bilden ein breites Spektrum der deutschen Nachkriegsmoderne bis in die 70er Jahre ab. Zur Ausstellung erscheint auch ein Katalog. Fast zeitgleich, aber mit ein wenig Vorlauf, startet die Werkschau „Trace Evidence“, bei der es sich um eine Einzelausstellung der diesjährigen „Hanna-Nagel-Preis“-Trägerin Sasha Koura (Abb. unten: Geheimnisse der Botanik) handelt. Ihre Papierarbeiten überzeugten die Jury durch den klaren konzeptuellen Ansatz und die poetische Stille, die ihren aus alltäglichen und gebrauchten Gegenständen bestehenden Werken innewohnt, wie bspw. Büchern oder Landkarten. Durch neue Arrangements lässt die Künstlerin eine neue Präsenz entstehen und rückt augenscheinlich achtlos entsorgte Fundstücke erneut in unser Bewusstsein – irgendwo zwischen Vertrautheit und Entfremdung. Indem die Künstlerin Papier unterschiedlicher Art vor der Entsorgung rettet, befasst sie sich auch mit den Themen des Sammelns und Behaltens, aber auch des Loslassens und Befreiens.

Jede ihrer Arbeiten bündelt eine kleine eigene Lebensgeschichte: Einst reines Papier weist Spuren auf, ist abgerissen, zerknittert oder geknickt. Die vermeintlichen Schadstellen rücken nun jedoch in den Fokus; sie strahlen Schönheit aus, sind gleichzeitig aber auch Botschafter für die Vergänglichkeit und die Zerbrechlichkeit der Dinge. Der vom Kulturamt der Stadt sowie dem Regierungspräsidium Karlsruhe verliehene „Hanna-Nagel-Preis“ ist mit einer Ausstellung, einer Begleitpublikation, einem Geldpreis und einem Ankauf durch das RP verbunden. -sab

bis 18.2., Städtische Galerie, Karlsruhe

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