Sultana Zana & Yashas Shetty

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 05.03.2022

Elektronische Experimentalmusik aus Indien im Doppelpack.

Mit der Initiative „Bangalo Residency-Expanded“ fördert das Goethe-Institut in Bangalore den langfristigen künstlerischen Austausch zwischen Indien und Deutschland. 2020 schrieb das ZKM eine Residency am Hertz-Labor aus, zu der Sultana Zana und Yasha Shetty eingeladen wurden. Die Medienkünstlerin Zana arbeitet mit Mikroklangsynthese à la Curtis Roads und komponiert fraktale Soundscapes mit granularen Soundpartikeln. Für das ZKM beschäftigt sich Zana mit unterschiedlichen Formen nicht-menschlicher Klangwahrnehmung und überführt die Ergebnisse der Recherche in eine Raum-Klangkomposition. Das Covermotiv dieser INKA-Ausgabe stammt von Sultana Zana. Zetty ist Künstler, Musiker und Biohacker. Mit Biotechnologie, visuellen Programmiersprachen und interaktiven Medien kreiert er Kunst, Musik und Musikinstrumente. 2017 erhielt er am ZKM einen Preis im Rahmen des Wettbewerbs „Was hört das Netz?“.

Sultana Zana

INKA: Du setzt dich mit der Klangwahrnehmung jenseits des Menschen auseinander. Was meinst du damit?
Sultana Zana: Wir sind Gefangene des menschlichen Verstands. Wir können nicht wissen, wie ein anderes Wesen die Welt wahrnimmt. Ich beobachte viel, in letzter Zeit vor allem Insekten. Dabei interessiert mich weniger, welche Frequenzen ein Tier hören kann, sondern was das Tier erlebt, wenn es tatsächlich etwas hört. Wir können das nicht wissen, aber wir können uns dem annähern.

INKA: Wie wird daraus eine musikalische Komposition für Menschen?
Zana: Die meiste Zeit höre ich mir die Kompositionen von Nicht-Menschen an. Sie sind generativ, räumlich und klingen niemals gleich, sie gehen auf ihre Umgebung ein. In meiner bescheidenen Existenz als Mensch und Künstlerin möchte ich ein Stück komponieren, das nicht für Menschen gemacht ist, aber von ihnen gehört werden kann. Ich spiele es für die Insekten, die vor 1000 Jahren auf dem Boden unter dem ZKM gelebt haben. Dazu möchte ich alle Menschen und Insekten, die dieses Magazin lesen, einladen. Sie sollen auf eine Reise in die Untiefen ihrer eigenen Psyche gehen, an die Schwelle ihres Bewusstseins.


Yashas Shetty

INKA: Du arbeitest viel mit Biotechnologie – welchen Ansatz verfolgst du da?
Yashas Shetty: Definitiv einen politischen. Wissenschaft ist eine kulturelle Aktivität und sollte nicht in einem „White Cube“ bleiben. Menschen haben ein Recht, sie zu benutzen. Mit unserem Kollektiv Hackteria wollen wir Biotechnologie entmystifizieren und die Tools zugänglich machen. Biotechnologie ist für mich eine „wissenschaftliche“ Art, zu fragen: Was bedeutet es, ein Mensch zu sein?

INKA: Was bedeutet es in Indien, zu hören, im Vergleich zu Europa?
Shetty: Eine Anekdote dazu: Meine erste Reise nach Europa führte mich nach Zürich. Dort kam ich an einem Sonntag an – es war leer und leise. So leise, dass es mich erschrak. Es war eine zutiefst verunsichernde Stille. Indien ist das absolute Gegenteil. Vielleicht beschäftigt sich man dort in der Philosophie deshalb so viel mit Stille. Allgemein finde ich aber, dass wir uns alle etwas in Stille üben könnten und nicht ständig unsere Meinung herausposaunen.

INKA: Kannst du etwas über dein Stück fürs ZKM erzählen?
Shetty: Derzeit beschäftige ich dort mit dem fantastischen Equipment und dessen unzähligen Möglichkeiten. Was kann ich mit 32 oder 50 Lautsprechern machen, das ich mit zweien nicht erreichen kann? Ich komme aus zwei Jahren fast vollständiger Isolation in Indien, ich fühle mich wie ein Schmetterling, der aus seinem Kokon ins kalte Karlsruhe fliegt. Es ist spannend, was ich komponieren werde, wenn sich alle Menschen, inklusive ich, so verändert haben. -fd

Sa, 5.3., 20 Uhr, ZKM-Kubus, Karlsruhe

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