Raimund Vögtle – „Panoptikum“

Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 01.11.2023

Raimund Vögtle – „Panoptikum“ (Foto: Patrick Wurster)

Derzeit rücken auch in Karlsruhe und der Region viele KünstlerInnen wie etwa aktuell Harald Kille, die Gedok mit ihrem Ukraine-Projekt oder die Zettzwo in Durlach den „akuten Wahnsinn“ der Welt in eine künstlerische Formensprache.

Wahnsinn meint Themen wie Krieg, Vertreibung, menschengemachte Umweltkatastrophen, den ausländer- und migrantenfeindlichen Nationalismus und vor allem auch die Verrohung der Gesellschaft. Hinzu kommt, dass sofort grundlegende ethische und moralische Grundsätze infrage gestellt werden, kaum dass die AfD ein paar Prozentpunkte mehr bekommt. Statt eines apokalyptischen Szenarios aber setzt Raimund Vögtle in seiner Ausstellung ein Statement: „Im Segafredo wird natürlich die heftige Ausstellung mit Raimund Vögtle aufgrund der großen Nachfrage bis mindestens Ende November verlängert“, schreibt Galerist Axel Demmer in seiner Ankündigung zur Ausstellung.

Heftig ist gut. Sie ist eine Wucht, diese Ausstellung! Eine deepe, undergroundige Atmosphäre durchweht Karlsruhes Szene – und Künstlercafé No. 1. Das traut sich sonst schon mal keiner. Betritt man den Raum, ist man wie gefangen und irritiert von einer wilden scheinbar abstrakten Formenwelt. Bei näherem Hinsehen entfaltet sich ein wahres Panoptikum an Fabelwesen, die sich aus den Bildern schälen, deren Petersburger Hängung ihre Wirkung noch verstärken. Eine Vielfalt und Vielzahl an Sujets, Schatten und Umrissen ringt in diesen Bildern um Aufmerksamkeit. Diese malerisch sehr subtile Wucht entfaltet sich im ganzen Raum des zweigeteilten Cafés. Im Zentrum, gehängt fast wie ein Altar, schwingt sich ein großer Kakadu souverän aus dem (Regen-)Wald; er scheint, wenn schon nicht Erlösung, so doch Hoffnung auszudrücken.

„Ich war immer Pazifist“, erzählt Vögtle in seiner Ausstellung, „aber wo sind die ganzen Pazifisten? Es ist ein Missempfinden über die Welt, es bedrückt mich und ich versuche, dies zu ventilieren. Allgemeingesellschaftlich finde ich diese Frontenbildungen ganz schlimm, jeder meint, ihm würde etwas weggenommen. Deswegen schreie ich hier, künstlerisch, denn so kann es ja nicht weitergehen“. Niemand aber ist so radikal wie der Maler Raimund Vögtle. Mit Künstlercafés kennt sich der leidenschaftliche Maler, Kunstsammler und Förderer übrigens aus – er jobbte einst in Freiburg während seines Kunststudiums bei Peter Dreher in der Tangente, einer Franchisekünstlerkneipenkette in den 60ern, der einzigen derartigen Szenekneipenkette, die es wohl je gab.

Eine kunsthistorische Betrachtung folgt, mehr zur Biografie von Vögtle auch in unserer Oktober-Ausgabe. -rw

bis 30.11., Mo-Sa 9-18 Uhr, Café Segafredo, Erbprinzen-/Ecke Bürgerstr., Karlsruhe

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