Karlsruhes Clubszene im Umbruch
Clubkultur // Artikel vom 16.09.2008
Wie einige schon bemerkt haben dürften, ist die Mood Lounge nach langem Kampf seit Ende Juni geschlossen.
Das Radio Oriente bangt weiter ums Überleben, was auch für das Café Nun gilt: Dort hat der Pächter aus Gesundheitsgründen aufgehört, bis Jahresende ist nur bei Events oder Konzerten geöffnet. Sicherlich lassen sich für jeden einzelnen Club gute Gründe finden, warum er funktioniert oder nicht. Auch ist die Halbwertszeit eines Danceclubs anders bemessen als die eines Liveclubs. Warum aber tun sich generell exakt diejenigen Clubs so schwer, die auf ein inhaltlich fundiertes Musikkonzept setzen?
Ein Kernpunkt ist sicherlich, dass sich die Wertigkeit von Musik verschoben hat und es keine Jugendkultur im klassischen Sine mehr gibt, sondern weit verästelte spezielle Szenen. Seit es INKA gibt, thematisieren wir das Thema Kulturförderung und machen uns für eine offene Szene stark. Eine lebendige Subkultur, zu der Kabarett wie Clubs, Kleintheater wie Galerien zählen, ist für den Stadtortfaktor Stadt immens wichtig.
Auch kann keiner dem Kulturamt, dem Amt für Bürgerservice und Sicherheit oder dem für die Plakatierung zuständigen Bauordnungsamt vorwerfen, nicht immer sofort auf das kleinste Hüsteln der Szene zu reagieren. Allerdings hat nicht zuletzt ausgerechnet die Liberalität in Sachen Offkultur dazu geführt, dass es regulär geführte Musikclubs immer schwerer haben. Warum?
Hier fallen drei Dinge ins Auge: Zum einen hatten Diskos und Clubs ja bekanntlich keine Wahl, ob Raucherlounge oder nicht. Während die einen sich an die damalige Gesetzeslage hielten, gründeten ganz Schlaue kurzerhand Raucherclubs mit Mitgliedschaften für einen Tag oder scheren sich gleich komplett null um Faktoren wie Rauchfreiheit, Toiletten, Sperrzeiten o.ä. Wieder andere zehren noch von Konzessionen, die einst unter völlig anderen Voraussetzungen erteilt wurden oder hängen sich an Parties anderer einfach „After Hour“-mäßig sperrstundenfrei an. Zudem herrscht keine Waffengleichheit in Sachen Plakatierung.
Die INKA-Party in der Stadtmitte durfte wegen des kommerziellen Veranstaltungsortes nicht auf Dreiecksständern in der Stadt beworben werden – weil die Stadtmitte kein öffentlich geförderter Club ist. Okay. Dagegen steht seit Langem eine flächendeckende Dauer-Plakatierung auf Brücken und Dreiecksständern von diversen Locations (s.o.), die ungenehmigt erfolgt, aber nicht unterbunden wird.
Unabhängig davon, dass die Szene vom beständigen Fluss und Veränderungen lebt und dass neue Veranstaltungsorte wie die Fleischmarkthalle, Ex-Zschernitz, Kohi, Bento oder auch Crazy Kong für eine Belebung der Stadt sorgen, so ist in Bezug auf eine sogenannte Clubkultur festzustellen: Statt mehrfach von der Popakademie für ihr Programm ausgezeichneter Locations wie der Mood Lounge oder dem Gotec Kulturhaus, die auch Publikum von weit außerhalb nach Karlsruhe ziehen, ist die Stadt derzeit auf dem besten Weg, zur badischen Hauptstadt von Assi-Techno-Partys zu werden.
Wobei wir bekanntlich ausdrücklich nix gegen Techno haben. Wer heute was auf sich hält, fährt eben ins Robert Johnson nach Offenbach, nach Mannheim oder gleich nach München. Das war mal zwei, drei Jahre anders. „Der Laden hat sich einfach nicht mehr getragen, die Clubkultur hier ist völlig zusammengebrochen“, konstatiert Shahrokh Dini, der Größen wie Mousse T., Carl Craig, Jazzanova, Lady Miss Kier, Metro Area, Peter Kruder oder Turntablerocker in die Mood Lounge holte.
Allen Gerüchten zum Trotz plant er „nichts Festes im Schlachthof“, sondern wird seinen „Mood Culture Club“ in ausgewählten Locations wie dem Studentenhaus oder ZKM/HfG fortführen und sich zukünftig mehr um seine Solokarriere kümmern: Im November erfolgt der Release des Shahrokh-Sound Of K.-Albums via Compost mit weltweiter Tournee. Zunächst aber findet – präsentiert vom INKA Stadtmagazin – am Sa, 12.9. der nächste Mood-Cultureclub mit DJ T. statt. Thomas Koch alias DJ T. war bis 2005 Herausgeber der Groove, wurde Mitbetreiber von Get Physical Music und ist heute auch als erstklassiger Techno-DJ international am Start.
Verfasser des Artikels: Roger Waltz
www.mood-lounge.de
www.myspace.com/djshahrokh
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