Neue Querfunk-Sendung: INKA Afro Tunes
Popkultur // Artikel vom 03.07.2021
Hier wird der Medienkonsument zum Medienpraktiker.
Am 17.6.1995 angetreten, dem durchformatierten Dudelfunk etwas entgegenzusetzen, ist der Querfunk im Gewerbehof am Lidellplatz als (werbe-)freies nichtkommerzielles Karlsruher Mitmachradio – sowohl für die festen rund 100 durchweg ehrenamtlichen Redakteure als auch Gruppen und Vereine, denen man in den vergangenen 26 Jahren eine Plattform geboten hat; das Corona zum Opfer gefallene Jubiläumsfest wird noch nachgefeiert. Durch seine Zugangsoffenheit integriert Querfunk ein weites Spektrum von Meinungen und Musikstilen in sein Programmradio, das unter der Woche von 12 bis 17 Uhr und 22 bis 7 Uhr und Freitag, 12 Uhr, bis Montag, 7 Uhr, durchgängig auf 104,8 MHz und allzeit auf querfunk.de on air ist – im Gegensatz zum Formatradio, das durch seinen Gleichklang eine Durchhörbarkeit über den ganzen Tag anpeilt.
Das Projekt steht Menschen jeden Alters offen, solange sie die Programmrichtlinien wie das Diskriminierungsverbot mittragen. Als Medienkompetenz-Vermittlungsinstanz und Ort des demokratischen Miteinanders werden die gesetzlich verankerten Freien Radios aus den Rundfunkgebühren gefördert; neun an der Zahl gibt es in Ba-Wü. Seit Querfunk-Sendestart sind etwa 128.000 Stunden zusammengekommen; Wortbeiträge beleuchten gesellschaftliche Zusammenhänge und das Tagesgeschehen, musikalisch wird in verschiedenste Nischen vorgedrungen – von Klassik bis Jazz, von Pop bis Electro und Punk bis Metal. Und die Musik wird nicht nur abgespielt, sondern i.d.R. auch besprochen und in gesellschaftliche Kontexte gestellt. Dauerbrenner von Anbeginn sind „Die große Rhythmusshow“, „Dreadheads“ und „Quergelesen“; einer großen Hörerschaft erfreuen sich aber auch die „Zapata Radio Soundz“, „All You Can Send“, „Schrägfunk“, „Hörsturz“, „Kohi“, „Planet Of Sound“, „Thrilled“, „Holidays On Mars“ oder „What’s Inside The Box?“ (ehem. Toolbox), deren Sendungsmachende sich in den kommenden StadtBlatt-Ausgaben vorstellen.
Auch der INKA Verlag ist seit dem 9.4. auf Sendung – mit der Afrobeat-Show „INKA Afro Tunes“. Moderiert wird sie von Helen Osayame Ruppert – 21-jährige Medizin-Studentin, ausgezeichnete (Hip-Hop-)Tänzerin in Ettlingen und Model für (Fashion-)Kampagnen und soziale Projekte, deren Mutter im nigerianischen Lagos aufgewachsen ist – und INKA-Verlagsleiter Roger Waltz, die hier in einem kurzen Auszug ihrer „Start up“-Show das Sendungskonzept und die Beweggründe vorstellen. In den Startlöchern als neuer Co steht Niklas Tischer, 1994 in Düsseldorf geborener Produzent, Musiker und Tänzer, der in verschiedenen Projekten als Sänger, Rapper und DJ aktiv ist. Die erste komplette Zwei-Stunden-Sendung mit dem neuen Dreier-Team und Produzent Martin Guss von Zapata Soundz läuft am Sa, 3.7. von 14 bis 16 Uhr auf Querfunk und dann immer am ersten Samstag des Monats von 14 bis 16 Uhr. -pat
Helen Osayame Ruppert: „INKA Afro Tunes“ ist eine neue Musiksendung, die den Fokus auf die aktuelle Musikszene Afrikas legt – eine neue Klangfarbe beim Querfunk. Die Idee dazu hatte der Karlsruher Musikjournalist und ehemalige Radiomacher Roger Waltz von INKA, der seit 2019 eine kuratierte Spotify-Playlist pflegt aus Reggae, Hip-Hop, Afrotrap und allem, was plinkt, plonkt und groovt zwischen Accra, Lagos, Mali, Tanzania und Südafrika. Wie kommt es, dass du dich ausgerechnet für afrikanische Popmusik interessierst?
Roger Waltz: Gute Frage. Zufall. Ich konnte in den 80ern auch als Konzertveranstalter in München mit den großen afrikanischen Acts wie Toure Kunda, King Sunny Ade oder Manu Dibango nur live was anfangen. Allerdings bin ich ein großer Can-Fan. Deren Rhythmen sind den heutigen aus Afrika sehr wesensverwandt. Es ist der ewige Groove. Ich war ja früher mal Musikjournalist, Musikchef beim Indie-Sender Radio 100 in Berlin, und schrieb vor INKA über zehn Jahre für die E-Musik im Deutschlandfunk Köln Beiträge und Features – meist über neue Elektronika. Ich versuche mich nach wie vor groove-musikalisch auf dem Laufenden zu halten. Ein bisschen ist das wie früher: Man sucht eben ständig nach neuen tollen Songs. Nach Seelen- oder Rhythmus-Futter. Und ich war einfach gelangweilt von House, Techno, Hip-Hop, auch Dub oder Roots Reggae – oft mit den immergleichen technischen Tools. Nur wenn diese erweitert werden, verändert sich auch der Sound. Vor etwa vier Jahren hörte ich dann einen Track von Mr Eazi und dachte erst: Was ein komischer Name… Dabei war der Mann damals schon ein kleiner Star im kreativen Hotspot der Szene in Nigeria und Ghana. Ich war sofort gefangen von den hypnotisch-subtilen Grooves und habe schnell bemerkt, dass hier eine ganz eigene Musikszene entstanden ist – wenn man so will, hat die viel beschworene Demokratisierung der Produktionsmittel endlich mal eine große kreative Auswirkung gehabt. Die Szene gibt es aber sicher schon seit zehn Jahren oder länger. Reggae, Hip-Hop und Afrotrap gehen dabei eine Verbindung ein mit den pulsierenden Rhythmen und den faszinierenden Gesängen dieses riesigen Kontinents mit seinen über 50 Ländern. Es gibt eine Tradition an mündlicher Überlieferung, an Storytelling und offenbar ist diese Tradition nahtlos übergegangen in ungezählte kleine Studios, wo zwischen Accra und Lagos täglich Dutzende neuer Tracks entstehen, meist Miniaturen, Liebeslieder, Szenen aus dem Leben. Aber eben auch Songs der Hoffnung und natürlich teils mit klaren politischen Botschaften, so gut das eben geht. Je demokratischer die Verhältnisse desto kreativer die Musikszene. Als Beispiel kann hier das kleine Ghana gelten. Manche Künstler aus Afrika wie Burna Boy sind auch im Westen, in England und den USA bekannt, sogar der große Timbaland, als Producer damals für die Revolution des amerikanischen R’n’B verantwortlich, oder Beyonce haben Produktionen mit afrikanischen Stars gemacht, allerdings ohne großen Erfolg. Mit „Jerusalema“ hatte der typisch südafrikanische Amapiano-Sound aber 2020 einen weltweiten Hit.
Ruppert: Ist „INKA Afro Tunes“ eine reine Musiksendung?
Waltz: Mal sehen, vorerst ja. Diese Musik läuft außer vielleicht in Frankreich in Europa völlig unter dem Radar. Aber klar, ich bin auf der Suche auch nach Interviewpartnern, denn auch jenseits der Musik tut sich in Afrikas Kulturszene ungeheuer viel. Positives. Aber erst mal müssen wir die Moderation und Sendung unfallfrei hinkriegen.
INKA Afro Tunes @ Querfunk: Sa, 3.7., 14-16 Uhr, dann immer am ersten Samstag im Monat: 104,8 MHz & www.querfunk.de
„INKA Afro Tunes“-Querfunk-Sendungen zum Nachhören: www.mixcloud.com/inkastadtmagazin
„INKA Afro Tunes“-Playlist @ Spotify: bit.ly/inka-afrotunes
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