20 Jahre Marke Mensch Natur: Gesellschaft gestaltet sich nicht selbst

Stadtleben // Artikel vom 01.02.2023

Marke Mensch Natur ist eine Karlsruher Design- und Markenagentur mit dem Fokus Gesellschaftsdesign.

Sie feiert 20 Jahre und gestaltet gemeinsam mit Unternehmen der Wirtschaft an sinnvollen Veränderungen und Anpassungen derer Marken, die aus dem Innersten unserer Gesellschaft zunehmend gefordert und erwartet werden. INKA sprach mit dem Gründer Toby O. Rink.

INKA: Was bedeutet Gesellschaftsdesign für dich?
Toby O. Rink: Wir arbeiten an dem Thema seit 2002 und haben erst in den vergangenen vier bis fünf Jahren ein grafisches Modell dafür entwickelt, mit dem wir die Dinge in Draufsicht betrachten. Im Kern besteht dieses Modell aus dem „Ich“ und aus dem angrenzenden „Wir“. Die drei Hauptpfeiler außen herum sind erstens die Wirtschaft und damit verbunden der Markenwert, zweitens das Leben und damit verbunden der Lebenswert und drittens die Natur und damit verbunden der Existenzwert. Das gesamte Modell ist ein Kreislauf, der sich gegenseitig beeinflusst. So gestalten wir nicht nur ein Logo, eine Broschüre oder eine Website, wir gestalten im Sinne der Menschen, die mit diesen Medien in Berührung kommen, und im Sinne unseres Umfeldes, dass wir damit positiv mitgestalten können.

INKA: Was macht denn gutes Design aus?
Rink: Über diese Frage wurde schon oft philosophiert und hochtrabend diskutiert. Dieter Rams hat einmal seine zehn Thesen dazu aufgestellt. Eine davon ist, dass gutes Design „ehrlich“ sein sollte. Denn eines ist klar: Wer heute als Unternehmen auch nur mit einem Hauch von Unehrlichkeit gestaltet oder kommuniziert oder meint werblich etwas zu verdrehen, dem könnten mit der Zeit die Kunden davonlaufen. Die Menschen sind heute informierter denn je. Und gutes Design selbst? Es ist wie mit allem, mit dem man sich viele Jahre intensiv auseinandersetzt – irgendwann bemerkt man, ob etwas sehr gut, gut oder schlecht ist, und man spürt, ob es Sinn macht oder nicht.

INKA: Wie beeinflusst Design unser Umfeld?
Rink: Gestaltung mit Einfluss kann alles Mögliche sein. Ein Wort, dieses Interview, Musik, ein Service, eine Bar, ein Restaurant, eine Ladenbeschriftung, eine Laterne, das Stadtbild um mich herum. Vor allem aber beeinflusst uns der Stil und die Qualität, mit der man all diese Dinge betrachtet und sich mit ihnen auseinandersetzt. Akzeptiere ich das, was ich sehe, fühle und dargeboten bekomme, oder hinterfrage ich es auch? Wenn ich nur noch Mist vorgesetzt bekomme, dann sehe ich irgendwann immer mehr Mist. Und wenn ich diese Dinge dann gleichgültig akzeptiere, weil sie mich förmlich überrollen, dann überträgt sich das auf das große Ganze und damit auf ein Gesamtbild – weil man diesen Mist dann eben gewohnt ist. Vergleicht man heute den Geschmack eines Apfels mit dem von vor 20 Jahren, dann kennt ein 15-Jähriger nur noch den heutigen, schlechteren. Und so ist das inzwischen mit vielen Dingen. Meine Heimatstadt Karlsruhe, die viel Potenzial hat, sollte sich meines Erachtens mehr von anderen Städten und Metropolen inspirieren lassen. Hier zwickt nichts mehr, hier wird man nicht mehr überrascht. Gut gemeinte Halbherzigkeit macht sich breit, das stilvolle und ästhetische Umfeld geht schleichend verloren, und das Schlimme ist – es wird scheinbar akzeptiert. Wir haben es in der Hand – gemeinsam.

INKA: Was macht eine gute Marke aus?
Rink: In unserer kapitalistischen Gesellschaft würden viele sagen: „Der Erfolg machte eine gute Marke aus.“ Ich frage dann gerne zurück: „Was ist Erfolg für Euch?“ Wir haben vielen Unternehmen dazu verholfen. Definiert man ihn über äußeren und materiellen Reichtum oder z.B. über innere Zufriedenheit? Ich glaube, wir tendieren auf eine Gesellschaft zu, in der Menschen wieder das Letztere stärker für sich entdecken – oder es sich zumindest wünschen, weil sie spüren, dass das so nicht weitergehen kann. Ich bewundere Marken, die eine grundsolide Basis geschaffen haben, organisiert und innovativ aufgestellt sind, einen Topservice samt Qualität bieten, und vor allem gesund und nachhaltig wirtschaften im Sinne des großen Ganzen, auch wenn es im Lokalen und Kleinen stattfindet. Ich bezeichne sie als „die Guten“. Eine gute Marke sorgt für Halt, zeigt Haltung, stärkt ihr Umfeld und das seiner Kunden, die ihr vertrauen. Der Wert einer Marke liegt nicht selten im Enthusiasmus ihrer Gründung versteckt.

INKA: Was macht eure Agentur aktuell?
Rink: Als Eigenprojekte haben wir eine kleine Kampagne geschaffen mit dem Aufruf „Du gestaltest, Wir gestalten“. Parallel arbeiten wir an einem eigenen Fashionlabel, das gesellschaftliche Botschaften auf die Straße bringt. Und wir begleiten weiterhin Projekte für sehr treue Kunden, die bereits über 20 Jahren wie eine Art Familie geworden sind wie u.a. Blindwerk, die Karlshochschule, LEA Partners, die Stadt Freiburg und Karlsruhe, Xovis oder United Kiosk, mit denen wir auch im Rahmen der CAS AG eine spannende Zukunft mitgestalten dürfen. Mehr zur Agentur und deren Denke findet man hier im Agentur-Magazin.

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Kommentar von Jürgen Leppert |

"Vergleicht man heute den Geschmack eines Apfels mit dem von vor 20 Jahren, dann kennt ein 15-Jähriger nur noch den heutigen, schlechteren."
Tja - schluchz!

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