Alles Idioten oder radikale Wutbürger?

Stadtleben // Artikel vom 06.02.2014

Viele Leserbriefe gingen inzwischen in Sachen Karl-Apotheke durch die Tagespresse.

So viele, dass BM Obert sich in Bezug auf die CDU-Fraktion dazu hinreißen ließ, davon zu sprechen, diese renne ja aktuell jedem Leserbrief aufgeregt hinterher. Ein schwaches Statement. Seit Mitte Dezember wurden allein in der Karl-Apotheke über 10.000 Stimmen gegen eine Kündigung und einen Abriss gesammelt (INKA berichtete) – bis zu Kommunalwahl sollten es dann deutlich über 20.000 werden. Sind das alles Idioten oder radikale Wutbürger, die da unterschreiben?

Obert sollte mal einfach inkognito auf die Tratschbörse Wochenmarkt auf dem Gutenberg- oder Stephanplatz gehen. Dort parlieren Immobilienhändler ungeniert darüber, wie die städtische Vergabepraxis an die immergleichen Bauträger läuft. Der neue Stadtteil Südost ist ein exklusives Beispiel für hohe Büro- und Mietpreise samt Eigentumswohnungen, ein risikoloses Eldorado für Immobilieninvestoren in einem überhitzten Markt. Während dort die Messe gelesen ist, bildet das C-Areal in der Nordstadt eine weitere offene Flanke des Baureferats. Dort hängen Ärzte, Bildungsträger und Gewerbetreibende aller Art völlig in der Luft.

Keiner weiß, wie es weitergeht, nachdem die Stadt offenbar keine Marktpreise zahlen wollte oder konnte. Derweil plaudern Schrebergartenbesitzer aus der Stuttgarter Straße beim Gemüsehändler darüber, dass dort Ikea angesiedelt werden soll. Und am Europaplatz? Darf sich dort wirklich ein Immo-Investor mit Unterstützung der Stadt austoben, wie in der letzten INKA-Ausgabe beschrieben? Warum nicht einen Gestaltungswettbewerb für die Betonwüste des Stephanplatzes unter Miteinschluss der Karl-Apotheke ins Leben rufen, warum sich nicht vom Bauhaus-Stil der Apotheke inspirieren lassen? Offenbar schaut hier aber alles erst mal auf die OB-Wahl in Baden-Baden am 17.3., bei der BM Mergen antritt.

Nochmal Geld, der Müll und die Blaue Tonne: BM Stapf legte sich mit der für 2015 geplanten Altpapier-Tonne bei gleichzeitig nur noch vierwöchentlicher Leerungszeit der Wertstofftonnen ein dickes Osterei, das wohl erst bei der Kommunalwahl richtig ausgebrütet wird. Warum das katastrophal vorbereitete Unterfangen auch noch eiligst (und knapp) den Gemeinderat passierte, ist dubios.

Nicht einmal die Daten der 140.000 betroffenen Haushalte sind erfasst, das soll nun erst geschehen. Auch wenn die Papiersammlungen durch Vereine und Kirchen weiterhin erlaubt sein sollen, so ist die geplante Verschlechterung des Services durch die vier- statt zweiwöchentliche Leerung der Wertstofftonnen bei gleichzeitiger Schwächung der Jugend- und Sozialarbeit beispiellos schwachsinnig. Abgesehen davon wird in Mehrfamilienhäusern ein heilloses Wertmüllchaos entstehen. Gebührenerhöhungen kann man auch anders vermitteln.

Klar ist: Es muss Geld her, auch für Positives. Der Neubau eines Schauspielhauses wird vom Gemeinderat mitgetragen. Auch im Klinikum sollen die Bagger rollen, der Kriegsstraßenumbau beginnt und irgendwann demnächst geht’s auch im Wildpark los. Die (veröffentlichten) Steuereinnahmen 2013 lagen auf Rekordniveau – nichts zu erfahren war über die Gewerbesteuerzahlen, die sich dank des U-Strab-Baus vermutlich im heftigen Sinkflug befinden. Bei stetig steigenden Baukosten... -rw

Nach Drucklegung erreichte uns eine Mitteilung des Karlsruher Baubürgermeisters Michael Obert, der Wert auf die Feststellung legt, dass die von ihm in der „Klappe Auf“-Ausgabe Februar 2014 getätigte Aussage „die rennen momentan aufgeregt jedem Leserbrief hinterher“ nicht vollständig zitiert sei.

Michael Obert sieht keine Notwendigkeit zur Veränderung und Bebauung des Stephanplatzes. Er versteht vielmehr die Aufregung um einen möglichen Abriss des vielen liebgewordenen Gebäudes, weil damit in der Stadt, in der sich ‚gegenwärtig wahnsinnig viel verändert, etwas Vertrautes verschwindet‘.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Kommentar von Mathias |

HAT DRAUF!!!!

Bitte rechnen Sie 2 plus 9.

WEITERE STADTLEBEN-ARTIKEL