Der Trend zum Unikat
Stadtleben // Artikel vom 02.06.2009
Karlsruhes neues Messeprojekt "Eunique" gibt sich europäisch.
Das Massengeschäft großer Labels und Ladenketten prägt das Stadtbild. In Karlsruhe, aber auch anderswo in Europa und dem Rest der Welt. Angesichts dieser zunehmenden Austauschbarkeit der Produkte entsteht eine Nische für Qualität, Exklusivität und Individualität, welche die KMK mit einem neuen Projekt zu besetzen versucht. Als Gegentrend zum Massenkonsum soll die „Eunique“ ausschließlich Einzelstücke und Kleinserien aus dem Kunsthandwerk zeigen und damit den Kurs hin zum Unikat stärken.
Zu dem umfangreichen Ausstellungsspektrum gehören neben Innendesign und Outdoor, Schmuck- und Modedesign auch Spielzeug und Dienstleistungen für Angewandte Kunst. Besucher sollen hier innovative und hochwertige Produkte begutachten, Fachleuten bietet sich die Chance zur Vernetzung und zur Erschließung neuer Käuferschichten.
Noch steckt die „Eunique“ in den Kinderschuhen, schon bald aber soll sie zum zukunftsweisenden Treffpunkt für Angewandte Kunst, Design und Kunsthandwerk aufsteigen. Erfolg verspricht, dass das Projekt wegen der regen Nachfrage im Vorfeld vom Kongresszentrum in die Messehallen in Rheinstetten verlegt werden musste. Den Qualitätsanspruch sichert eine internationale Jury, die unter den Bewerbungen gut 200 Teilnehmer aussuchte, darunter eine Vielzahl von Staats- und Designpreisträgern aus Deutschland, der Schweiz, Korea und dem europäischen Ausland. In Gemeinschaftsständen präsentieren sich außerdem die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg.
Verschiedene kleine Sonderschauen lockern das Messebild auf: Auf der „Top Of Europe“ präsentiert sich ein Querschnitt aus anspruchsvollem zeitgenössischem Handwerk, darunter eine Auswahl der Werke bisheriger Preisträger des WCC Europe sowie diverse preisgekrönte Aussteller aus Deutschland und Europa. Die Gruppe „Vessels“ des Forums für Internationale Gefäßkunst stellt Werke ihrer bekanntesten Künstler zusammen, und die Schweizer Plattform „Material-Archiv“ zeigt eine Materialsammlung mehrerer Institutionen aus der Heimat der Uhren und Taschenmesser.
Die Glaskunst ist einer der Schwerpunkte der Messe und dabei eines der traditionsreichsten Handwerke: Seit gegen Ende des 19. Jahrhunderts neue technische Bearbeitungsformen aufkamen, rückte auch eine künstlerische Bearbeitung in den Vordergrund. Die Faszination des Werkstoffes liegt in seiner Vielseitigkeit in Form, Farbe und Veredelung. Auch die am hessischen Gemeinschaftsstand vertretene Carolin Schwarz entstammt einer Glaser-Familie, deren Wurzeln weit zurück reichen. Seit 1991 fertigt sie ihre Wandtafeln, Schüsseln, Teller und Fenster im eigenen Atelier in Holzappel, Rheinland-Pfalz. Auch Susanne und Ulrich Precht aus Lauscha werden ihre Gefäße auf der EUnique präsentieren. Die Objekte mit silhouettierten Szenen ähnlich prähistorischer Felsenzeichnungen, die in vielen Arbeitsschritten zusammengesetzt werden, sind das Markenzeichen des Künstlerehepaars.
Den Karlsruher Standort repräsentiert die Glasgalerie Cosch, die Objekte von gleich mehreren Künstlern zeigt. Mit Feuerstellen, Schmuck, Gefäßen oder Objekten für Wohnzimmer, Vitrine oder Gartengestaltung demonstrieren die Metall-Gestalter Kombinationsvarianten traditioneller Formen der Schmiedekunst mit zeitgenössischen Designs und Fertigungstechniken. Ingrid Baerndal, Schmuckdesignerin aus Stockholm, zeigt ihre aktuelle Kollektion aus Silber, Perlen und irisierendem Polypropen, einem Kunststoff, der für gewöhnlich in der Verpackungsindustrie zur Anwendung kommt. Metallkünstler Adam Ryl legt den Schwerpunkt seiner Arbeiten auf das Spannungsverhältnis zwischen Stahl und anderen Materialien wie Blindnieten oder Stoffen. Die immer andere Gestaltung seiner Gefäße und Schalen sieht der Kasseler Werkstattleiter als größte Herausforderung seines Berufs.
Selten aber ist die Durchdringung von Handwerk und Design klarer als im Textildesign, einem der größten Bereiche der „Eunique“: Nirgends ist kreative Vorstellungskraft wichtiger und das Wissen um handwerkliche Möglichkeiten notwendiger, um aus simplen Textilien außergewöhnliche Mode oder Objekte zu schaffen. Neben Designern, welche ihre Objekte noch in traditioneller Handarbeit fertigen, sind auch Produzenten industriell gefertigter Stoffe vor Ort. Doris Berger z. B., Gründungsmitglied der Fachzeitschrift „Textilforum“ und Trägerin des Bayrischen Staatspreises, lässt mit ihren Objekten aus Pferdehaar eine fast vergessene Art der Webkunst wieder aufleben. Die namhafte schwedisch-australische Künstlerin Patricia Black wiederum ist Spezialistin auf dem Gebiet der japanischen Falt- und Färbetechnik Shibori, an der sie vor allem die Unvorhersehbarkeit der Ergebnisse fasziniert. Die Schweizerin Silja Eggenschwiler und der niederländische Künstler Sytze Roos stellen unter dem Label „keskusta“ in ihrer Amsterdamer Werkstatt mithilfe von computergestützten Webstühlen textile Unikate, Kleidungsstücke, Accessoires und Einrichtungsstücke her und schlagen so eine Brücke zwischen Industrie und Kunsthandwerk.
Anknüpfend an eine jahrhundertealte Familientradition fertigt Astrid Pflanz-Engelhardt Korsette nach Maß. Dabei vermischt sie so meisterhaft historische Schnittmuster und Materialien, dass jene sowohl formgebend und passgenau als auch aktuell und im Idealfall sogar bequem sind. Und die Referenzen der Hamburger Hutmacherin Anja Kaninck sprechen für sich: Ihre jugendlich-frischen Designs trug sogar schon Queen Elizabeth II. Auch bei zahlreichen TV-Produktionen wie „Tatort“ und „Die Buddenbrocks“ war Kaninck als Kostümistin zugegen.
Weil innovatives Design den Nachwuchs nicht ausschließen kann, sind auf der Messe auch zahlreiche junge Gestalter unter den Ausstellern zu finden, und in der Sonderschau „Sustainable Design“ präsentieren sich zusätzlich Hochschulen und Forschungsprojekte aus Mitteleuropa. Die Karlsruher Hochschule für Gestaltung ist mit der in Kooperation mit der Central Academy of Fine Arts Beijing entstandenen „Rattan Lounge“ zugegen. Die kleinen, leichten Möbelstücke vereinen die traditionellen Materialien Bambus und Rattan mit modernen, ungewöhnlich flexiblen Designs. Außerdem vertreten sind u. a. die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, die Stiftung HfG Ulm und die Ecole Supérieure Mulhouse.
Die „Eunique“ eröffnet am Do, 4. Juni. Im Rahmen der Vernissage werden Experten der Materialforschung in das Thema „Zukunftsträchtiges Design – Vom Handwerk zum Hightech“ einführen. Der erste Messetag am Fr, 5.6. ist Fachbesuchern wie Galeristen, Designern, Einzel- und Wiederverkäufern und Sammlern vorbehalten. Das Wochenende ist für das Publikum bestimmt. -fb
www.eu-nique.eu
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