Die Linke kritisiert Polizeiversagen bei Querdenker-Demo

Stadtleben // Artikel vom 04.06.2021

Die Fraktion Die Linke im Karlsruher Gemeinderat übt scharfe Kritik an den Ereignissen während der Querdenken-Kundgebung an Fronleichnam in der Günter-Klotz-Anlage.

Auf Seiten der Querdenken-Kundgebung wurden über den gesamten Zeitraum die Auflagen missachtet – von den meisten wurden weder Abstände eingehalten noch Masken getragen. Das von Versammlungsbehörde und Ordnungsamt im Vorfeld angekündigte konsequente Einschreiten gegen diese Auflagenverstöße fand nicht statt. Währenddessen wurde die angemeldete und genehmigte Protestkundgebung des Antifaschistischen Aktionsbündnis von Beginn an durch die Polizei behindert. Die Schikanen von Ordnungsamt und Polizeieinsatzleitung gipfelten in einem völlig unverhältnismäßigen Gewalteinsatz berittener Polizei gegen die meist jugendlichen GegendemonstrantInnen und die darauf folgende Einkesselung.

Für die Fraktion Die Linke im Gemeinderat waren die Stadträte Lukas Bimmerle und Karin Binder als politische Beobachter vor Ort. Beide kritisieren das Verhalten der Ordnungskräfte scharf. Für Stadträtin Binder ist das Vorgehen auf der Protestkundgebung seitens der Ordnungskräfte völlig unverständlich: „Das Eingreifen der Polizei unter Einsatz von Pferden, Pfefferspray und Schlagstock waren völlig unverhältnismäßig. Das anschließende Einkesseln von über 100 Menschen in der prallen Sonne über mehrere Stunden sowie die penible Identitätsfeststellung hat eine angemeldete, friedliche Kundgebung unmöglich gemacht. Ohne Vorwarnung griff die Polizei Menschen an, die in Sichtweite zur Querdenken-Kundgebung ihren Protest kundtun wollten, weil angeblich Abstände zur Querdenken-Kundgebung nicht eingehalten worden seien. Dies rechtfertigt niemals einen solch martialischen Polizeieinsatz. Die Trennung der Kundgebungen hätte bereits im Vorfeld durch entsprechende Absperrungen oder eine Polizeikette realisiert werden können. Die Polizei hat mit ihrem Verhalten eine Eskalation der Situation erzeugt und zu verantworten. Angedrohte Verfahren wegen Ordnungswidrigkeit, wegen vermeintlicher Verletzung von Versammlungsauflagen der Protestierenden sind an den Haaren herbeigezogen und müssen nach meiner Auffassung umgehend eingestellt werden.“

Stadtrat Bimmerle kann das Verhalten der Ordnungskräfte gegenüber den Querdenkern nicht nachvollziehen: „Auf der Querdenken-Kundgebung wurden die Versammlungsauflagen massiv missachtet. Die Teilnehmer saßen teilweise mit viel zu geringem Abstand zueinander und viele sind auf der Kundgebung ohne Masken unterwegs gewesen. Auch sind eine Vielzahl Querdenker provozierend ohne Maske durch die Gegenkundgebung gegangen und wurden erst nach erheblichem Protest nur langsam von den Ordnungskräften weggeführt – im Gegensatz zu den Gegendemonstranten wurden hier keine Personalien festgestellt. Die Polizei hat am Donnerstag mit zweierlei Maß gemessen. Es ist völlig inakzeptabel und verantwortungslos, dass die Einhaltung der Auflagen auf Seiten der Querdenker von der Polizei weder kontrolliert noch durchgesetzt wurde. Vor allem, dass die Ordnungskräfte in keiner Weise bei der Querdenker-Kundgebung präsent waren, sondern einzig den Gegenprotest im Auge hatten, macht mich fassungslos. Die Kriminalisierung der Gegenkundgebung schien der Polizei wichtiger als die Einhaltung der Corona-Regeln bei den Querdenkern. Die Stadt hat den Querdenken an diesem Tage wahrlich den roten Teppich ausgerollt.“

Die Linke fordert nun eine lückenlose Aufklärung des Einsatzes der Ordnungskräfte durch Polizei und Ordnungsamt. Ihrer Ansicht nach müssen sich die Polizeipräsidentin, der Einsatzleiter der Polizei, Ordnungsbürgermeister Käuflein und der Leiter des Ordnungsamtes vor dem Gemeinderat erklären. „Der Polizeieinsatz muss vollständig untersucht und aufgeklärt werden. Wir werden einen entsprechenden Fragenkatalog einreichen und fordern einen runden Tisch, an dem auch die Organisatoren der Gegenproteste gehört werden. Die politische Verantwortung für diese Vorfälle und das Vorgehen der Polizei und Stadtverwaltung müssen geklärt werden, insbesondere um die Grundrechte auf Meinungsfreiheit, Demonstration- und Versammlungsrecht in Zukunft besser zu gewährleisten. Die Warnungen unserer Fraktion vor chaotischen Zuständen, ähnlich denen in Stuttgart, Missachtung der Auflagen wie der Maskenpflicht seitens der Querdenker, haben sich bewahrheitet. Nicht auszudenken wäre, was passiert wäre, wenn die tatsächlich angemeldete Anzahl von Querdenken-Teilnehmer*innen den Weg in die Günter-Klotz-Anlage gefunden hätte“, so die beiden Stadträte. -ps

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