Einstieg von Immobilienkonzern: Majolika wartet auf Konzept

Stadtleben // Artikel vom 29.09.2022

Versteckt im Hardtwald kann die Majolika Keramik Manufaktur mit ihren 121 Jahren auf eine fast so lange Historie blicken wie die Stadt Karlsruhe selbst.

Einst ließ der Großherzog dort die badischen Wappenschilder mit großherzoglicher Krone produzieren. In den vergangenen Jahren machte die Keramikwerkstatt allerdings vor allem durch wirtschaftliche Schwierigkeiten Schlagzeilen. Immer neue Konzepte sollten im Spagat von Tradition und Moderne die Wende bringen. Allein der Erfolg blieb aus. Zuletzt wurde die Majolika Manufaktur Ende 2020 zu einer gemeinnützigen Einrichtung. Jetzt fällt sie in private Hände.

Seit September ist sie Teil der Gröner Group. Der Berliner Immobilienkonzern des gebürtigen Karlsruhers Christoph Gröner ist in der Stadt bereits an mehreren großen Bauprojekten beteiligt. 2021 sorgten INKA-Recherchen für Aufsehen, dass durch Bauprojekte des Konzerns Hunderte Proberäume und einige Kultureinrichtungen verdrängt werden. In Karlsruhe wird die Gröner Group vom KSC-Vizepräsidenten und ehemaligen SPD-Stadtratskandidat Martin Müller mit seiner Firma GEM vertreten. Schon seit Langem gilt das Interesse des Immobilienkonzerns an der Majolika als offenes Geheimnis.

Da der Konzern bislang weniger mit Kunst und Kultur als mit großen Bauprojekten aufgefallen ist, wächst vielfach die Sorge um die Zukunft der Majolika-Immobilie.
Optimistisch gibt sich dagegen der Kulturbürgermeister Albert Käuflein, der derzeit das Geschäft zwischen dem kaufenden Immobilienkonzern und der verkaufenden Majolika-Stiftung koordiniert: „In der Bautätigkeit der Gröner Group liegt ein großes Potenzial für Kunst am Bau.“ Er gehe davon aus, dass der Immobilienkonzern „die traditionsreiche Manufaktur in eine gute Zukunft führen wird.“ Über viele Jahre suchten er und die Stadtverwaltung nach einem privaten Investor, der auch das Stadtsäckel entlasten sollte. Mehr als 2,5 Mio. Euro aus dem Stadthaushalt flossen in den vergangenen zehn Jahren in die Majolika. Ob die Stadt auch die privat geführte Majolika unterstützt, ließ Käuflein offen. Dies müsse der Gemeinderat entscheiden.

Auch der Vorstand der Majolika-Stiftung zeigt sich zufrieden mit dem Abschluss: „Wichtig war uns, dass die Gröner Group zugesichert hat, die Majolika-Manufaktur weiterzuführen“, sagt Stiftungsvorstand Klaus Lindemann. Dazu hätte sie auch die zehn MitarbeiterInnen übernommen. „Wir haben nicht mehr die wirtschaftliche Kraft gehabt“, begründet Lindemann die Notwendigkeit des Verkaufs. Immer wieder hätten private Investoren Interesse gezeigt. „Das Problem war aber, dass Investoren nur an der Immobilie interessiert waren oder umgekehrt nur an der Manufaktur.“ Letzteres galt bspw. für die Zeller Keramik. Die hätten keine Ahnung von Immobilien gehabt und „mit dem Gebäude nicht viel mehr anfangen können als es zu vermieten“. Dagegen hätte die Gröner Group eine große „Expertise in der Stadtentwicklung“.

Doch derzeit kennen weder er noch die Mitarbeiter der Majolika das Konzept der Gröner Group für die Entwicklung der Manufaktur. „Wir wissen nichts, uns hat niemand was gesagt“, sagt ein Majolika-Mitarbeiter, der nur aus dem Internet vom Verkauf erfuhr. Auch die Fragen von INKA wollte die Berliner Immobiliengruppe nicht beantworten. Unklar bleibt daher offiziell auch, ob die Majolika zukünftig aus Berlin oder vom in Karlsruhe umtriebigen Martin Müller gesteuert wird. Schon mehrere ehemalige KSC-Spieler und -Berater zog es ja vom benachbarten Wildpark für eigene Geschäfte aufs Majolika-Gelände. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Majolika-Immobilie in die Hände der Gröner Group übergeht. Noch gehört sie der stadteigenen Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen GmbH (KVVH). Die Stadt wolle das Gelände aber in Erbpacht abgeben, betont Käuflein erneut. Einen Zeitplan dafür gäbe es aber noch nicht. Auch er kenne noch kein Konzept des Investors; trotzdem ist er überzeugt, dass die „Majolika als kultureller Leuchtturm im Hardtwald“ erhalten bliebe. Bei der Frage nach der künstlerischen Expertise der Gröner Group weist Käuflein erneut auf das „große Potenzial des Bereichs Kunst am Bau“ hin. Das von Müller nach der Verdrängung Hunderter Musiker versprochene Ersatzobjekt sei die Majolika aber nicht, sagt Käuflein. Hier setze er seine Hoffnungen auf das Kulturzentrum West.

Der Verkauf der Majolika dürfte auch ganz nach dem Geschmack des Oberbürgermeisters Frank Mentrup sein, der sich anlässlich knapper Kassen in der Haushaltsrede mehr privates Geld in der Kultur wünschte. „Was uns fehlt, ist ein Gefühl von Mäzenatentum“, sagte Mentrup damals. Die Majolika bietet für die Gröner Group zudem beste Aussicht auf ein benachbartes Grundstück, das sich ebenfalls noch im Eigentum der KVVH befindet. Eine Win-win-win-Situation also. Ob das auch gut für die Kultur ist? Ob das zu viel Moderne für die Tradition ist? Dazu hätten wir gerne mehr erfahren als das dürre Statement der Presseabteilung gegenüber den BNN. Stattdessen gilt: Die Gröner Group kauft und schweigt. -fk

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 6 und 7.

WEITERE STADTLEBEN-ARTIKEL