K3: Supportyourlocals

Stadtleben // Artikel vom 14.07.2020

Auf Alarmstufe Rot ist die systemirrelevante Veranstaltungswirtschaft nicht erst seit der „Night of Light“ am 22.6., während der bundesweit Eventlocations, Spielstätten und andere mit der Branche in Verbindung stehende Gebäude rot illuminiert wurden, um so einen flammenden Rettungsappell an die Politik zu senden.

Abgesehen von Veranstaltungsabsagen, Auftragsstornierungen, wegbrechende Ticketverkäufen und Gagen machen die aktuellen Corona-Restriktionen ein wirtschaftliches Arbeiten vielerorts unmöglich. Das trifft neben den Veranstaltern, Spielstätten und Künstlern auch Zulieferer und Dienstleister vom Bühnenbauer bis zum Techniker. Das Kreativ- und Kulturwirtschaftsbüro K3 hat eine Übersicht der auf verschiedenen Plattformen verteilten Spenden- und Crowdfunding-Aktionen aller Karlsruher Hilfsbedürftigen zusammengestellt; viele davon vereint der Kulturring als spartenübergreifender Zusammenschluss hiesiger Kultureinrichtungen in freier Trägerschaft. Mit den Erlösen ihrer neuen Single „Tanz dich frei“ unterstützt die Karlsruher Singer/Songwriterin Neeki den Kulturring, dessen Mitglieder Alte Hackerei in Form des SAU e.V., Panorama fürs P8, Substage, Jazzclub, Kinemathek, Kohi, Tollhaus und Werkraum ebenso zu den Gelisteten zähl(t)en wie die Literarische Gesellschaft, das Kabarett Die Spiegelfechter, Benjamin Bigots auch als kultureller Umschlagplatz fungierendes Grötzinger Maßschuhatelier – und unser INKA Verlag. Der Aufruf des K3: „Supportyourlocals, damit wir alle auch nach Corona noch was zum Schauen, Lesen, Hören und Feiern haben!“ Wer eine Spendenaktion vermisst, mailt an k3@kultur.karlsruhe.de. -pat

Jazzclub

Den Jazzclub trifft die Corona-Krise zumindest zur gegenwärtigen Zeit nicht so hart, da er das Programm des Umbaus seines künftigen Domizils wegen ohnehin auf ein Minimum heruntergefahren hat. Großen Zuspruch gab es für die wöchentlichen „Baustellen“-Streamingkonzerte (www.jazzclub.de/live) mit lokalen Jazz-Formationen. Raum und Technik stellt der Jazzclub auch anderen Einrichtungen wie dem Jubez zur Verfügung. Eine existenzbedrohende Situation sieht der in seiner mehr als 50-jährigen Geschichten nicht selten leidgeprüfte Verein in der derzeitigen Krise nicht; große wirtschaftliche Befürchtungen hegt man aber bei einer Teilöffnung, bei der die Einnahmen der Konzerte die Ausgaben nicht mehr decken können. -pat

Alte Hackerei

Unangefochtener Krösus mit mehr als 20.000 Euro Spendengeld der „Alte Hackerei Forever“-Kampagne (www.gofundme.com/f/alte-hackerei-forever) ist Plüschis Punkrock-Bar. Über 330 Gäste und sogar Bands haben sich solidarisch gezeigt. Aber das Schlachterbeil schwebt dieser Tage dennoch mehr wie ein Damoklesschwert über der Hackerei: Zwar ist durch die Lockerungen ein eingeschränkter Betrieb des Biergartens möglich, der über die Sommermonate als Open-Air-Stage verstärkt auch kulturell genutzt wird. Hier covert u.a. Gaba Wierzbicka (Sa, 18.7., 20 Uhr) von Down With The Gypsies Lieder von Black Sabbath bis Kylie Minogue im Singer/Songwriter-Stil. Auch DJs kommen zum Zug; etwa Ex-Orson-DJ Stean mit seinem Hip-Hop-„Chop Shop“ (Fr, 24.7), DJ Kim Ska (Sa, 25.7.) mit einem „Allnighter“ oder die Pussypunk-Disco-Violence-Bastard-Pop-Elektro-Rock-„Girls Attack“ von DJane Panzerella (Fr, 31.7., je 21 Uhr). Aufgrund der bestehenden Abstandsregeln gibt es allerdings für die Nutzung der Innenräume derzeit keine Perspektive: Veranstaltungen in Club und Fleischbar könnten bestuhlt mit max. 20 Zuschauern stattfinden, wodurch ab Oktober die Zahlungsunfähigkeit der „SAU e.V.“-Spielstätte droht. -pat

P8

Über genügend eigene Rücklagen, um unter Einsatz von staatlichen Hilfen und eigenen Spendenkampagnen bis zum Jahresende durchzuhalten, verfügt das vom Verein Panorama betriebene Kulturzentrum in der Nordstadt. Im Sommer eröffnet das P8 einen Kulturgarten, der ein bis zweimal pro Woche zu Konzerten, Lesungen, Theater und anderen Veranstaltungen einlädt. Kleine Live-Open-Airs oder ein Stream aus dem Innenraum sollen Kultur wieder zum sozialen Erlebnis machen. Die genauen Veranstaltungen sind kurzfristig online einsehbar. Aufgrund der Enge des Veranstaltungsraums wird das P8 bis zum Jahresende nur digitale Streams anbieten, die so lange das Wetter mitspielt, um Open-Air-Angebote ergänzt werden. Zum Januar 2021 muss das Kulturzentrum das C-Areal räumen, Ersatz ist noch nicht gefunden: „Wir haben eine Liste mit knapp 30 möglichen Objekten abgearbeitet, leider war nichts Passendes dabei. Der Immobilienmarkt in der Stadt ist immer noch sehr eng und Räume für Kultur sind finanziell, wegen der Lautstärke oder anderen Gründen schwer zu finden“, beschreibt Thomas Klein vom P8 die Situation. Unter dem Motto „Macht mal Platz für P/Acht“ macht der Betreiberverein Panorama auf seine Situation aufmerksam und versucht, Hinweise auf mögliche Locations zu sammeln. Am Jahresende wären die Mittel aufgebraucht, die man für Umzug und Neuausstattung benötigt hätte. Seine Weiterexistenz sieht das P8 daher aus doppelter Sicht als sehr gefährdet an. -pat

Jubez

Ebenso wie das Studentische Kulturzentrum am KIT, der Tempel und das Mikado geht das Jubez derzeit von keiner den Weiterbestand infrage stellenden Krise aus. Nach Gaststreamings im Jazzclub und im P8 gehen die Macher aus dem Stadtjugendausschuss in die Sommerpause. Ein deutlich abgespecktes Programm für ca. 70 Personen im großen Saal ist dann je nach Lage nicht vor dem 19.9. angedacht; voraussichtlich Kleinkunst, Lesungen, Local Nights sowie Jazz-, Blues- oder Singer/Songwriter-Konzerte. -pat

Tollhaus

Im Vergleich mit den anderen soziokulturellen Zentren Ba-Wüs, die in der Regel von Kommune und Land zu mindestens einem Drittel ihres Umsatzes gefördert werden, ist das Tollhaus mit einem Förderanteil von gut zehn Prozent seines Haushalts das bislang mit Abstand am wenigsten öffentlich unterstützte Zentrum seiner Größe. Bei anhaltender Schließung hatten die Tollhäusler mit einem monatlichen Defizit von rund 45.000 Euro gerechnet. Nach dreimonatiger Zwangspause wagte man sich Mitte Juni mit seinem „Lucky 100 Sommerfestival“ wieder in die Öffentlichkeit; nun gefolgt vom sechswöchigen durchs Landesprogramm „Kultur Sommer“ unterstützte „Oh wie schön wär’s Zeltival“ (bis 15.8.) für zunächst jeweils höchstens 250 Besucher, bei dem vor allem nationale und auch regionale (Hautsch-Baldu-Wollasch feat. Joo Kraus, Fr, 14.8.) Formationen in den Mittelpunkt rücken. Als einziger Termin aus dem ursprünglichen „Zeltival“-Programm gerettet werden konnte das Konzert mit Hugh Coltman (Fr, 31.7.), der nach seiner Hommage an Nat King Cole mit „Who’s Happy?“ den farbenreichen New-Orleans-Jazz erkundet. Außerdem macht sich Dota Kehr (Fr, 17.7.) die Poesie von Mascha Kaléko musikalisch zu eigen, Entertainer Michael Krebs präsentiert sein Corona-Best-of-Programm „Willkommen zurück – Das Neustartkonzert“ (Fr, 24.7.) und auch „Klaviator“ Lars Reichow (Mi, 12.8.) widmet sich der komischen Gegenwart. Die Violons Barbares (Sa, 1.8.) feat. „Epi“ Enkhjargal Dandarvaanchig vollführen einen weiteren modern-archaisch-wilden Saitenritt durch das mongolische und bulgarisch-mazedonische Liederbuch; die Les Brünettes (Sa, 15.8.) singen in ihrem „Four Voices“-Sommerspecial Lieblingslieder und geben Ausblicke auf den Nachfolger ihres hochgelobten Beatles-Programms. Quichotte (Do, 13.8.) vereint sich exklusiv wieder mit Gitarrist und Beatboxer Flo Fehling. Und eine weitere Empfehlung geht an die Kölner Indie-Pop-Band Fortuna Ehrenfeld (Mi, 22.7.) um Pyjama-Poet Martin Bechler. Wie gewohnt wird der Zeltanbau an den großen Saal gestellt, Bühne und Bestuhlung aber um 90 Grad gedreht, sodass ein Großteil des Publikums im überdachten Freien sitzt. Häufiger als bisher wird der Tollhaus-Garten sonntags bei freiem Eintritt geöffnet, immer wieder belebt durch Livemusik oder andere künstlerische Beiträge. -pat

Kohi

„Die Welt steht Kopf. Das Kohi macht Programm.“, lautet das Streaming-Motto am Werderplatz. Wegen seiner beengten räumlichen Verhältnisse befürchten die Kohi-Macher auf längere Zeit keine Publikumsveranstaltungen mehr anbieten zu können und setzen daher auf konsequentes Youtube-Streaming (www.youtube.com/kohikulturraum) mit Talks, Online-Ausstellungen und Bildbesprechungen, Poetry Slams (Mi, 15.7., 20.30 Uhr) und Lesungen (Mo, 20.7., 20 Uhr: Nektarios Vlachopoulos), Film (Mo, 13.7., 20.30 Uhr: Ein Tag im Kohi), Konzertaufzeichnungen zurückliegender Gigs (Mi, 9.9., 20.30 Uhr: Alex Skolnick Trio, Jazz-Rock) und Geisterkonzerten (Fr, 17.7., 20 Uhr: The Coconuts, Surfrock; Mi, 29.7., 20.30 Uhr: Schriefl/Bär, Jazz; Sa, 8.8., 21 Uhr: Kristina Jung; Sa, 15.8., 21 Uhr: Pleil ,Stromgitarrenfolk; Sa, 22.8., 20 Uhr: Gregor McEwan, Singer/Songwriter; Fr, 28.8., 20 Uhr: Spaulding, Singer/Songwriter) sowie anderen Formaten (Mi, 5.8., 20.30 Uhr: Wednesday Night; Mi, 22.7., 20.30 Uhr: Kochshow; So, 2.8.+6.9., 19 Uhr: Kohi meets Querfunk). -pat

Nun

Das Nun hat seinen Kulturraum im Herbst 2017 wieder zum Leben erweckt. Die ersten zweieinhalb Jahre waren finanziell schwierig: Da viele Anschaffungen getätigt werden mussten, konnten so gut wie keine Rücklagen gebildet werden. Gegenwärtig gilt es zudem, Privatkredite an die Vereinsmitglieder zurückzuerstatten, die den Betriebsstart überbrücken sollten. Das rein ehrenamtlich betriebene Nun steht in einer existenzbedrohten Situation, ohne genau benennen zu können, wie lange es noch zu halten ist. -pat

Die Stadtmitte

Der nicht erst nach der mehrmonatigen Schließung massiv in seiner Existenz bedrohte Club Die Stadtmitte bietet seinem Publikum Hilfe zur Selbsthilfe, um den kompletten Einnahmenausfall zumindest ein wenig abzufedern. Das Spendenziel von 38.000 Euro basiert auf den laufenden Kosten, die mit der kompletten Schließung von zwei Monate entstehen; 7.000 Euro sind via Gofundme und Paypal zusammengekommen. Hinter der Stadtmitte steht Eigentümer Christian Pulkert, der den Club ohne Investoren und Zuschüsse der Stadt seit 15 Jahren betreibt und nun mit allen Mitteln versucht, das Überleben der Karlsruher Party- und Konzertinstitution zu sichern. Das aus vier Mitarbeitern bestehende Stadtmitte-Kernteam befindet sich in Kurzarbeit, für die 24 Minijobber sieht das Amt keine Hilfen vor. Derzeit hält Pulkert den Betrieb durch Rücklagen über Wasser, aber diese Gelder werden schnell aufgebraucht sein, zumal gerade mit umfangreichen Renovierungsarbeiten begonnen wurde. Mit dem Sonntags-Streamingformat „Livemitte“ (nächste Termine: 26.7.: Freezy, Deshawn & Taz, Duke & Bill, Hip-Hop; 9.8. OX, Attic Stories & Demorian, Punk/Rock/Metal); 23.8.: Billyboi Jackson, Rap; 6.9.: Poetry Slam mit Podiumsgespräch „Die Veranstaltungsbranche & Corona“, je 21 Uhr) gibt’s wenigstens eine digitale Bühne und auch über Merch wird versucht, ein bisschen Geld zu generieren. Alle Optionen: linktr.ee/diestadtmitte. Auf den „Wunder“-Design- und Kunstmarkt (Sa, 8.8., 11-17 Uhr) könnten im August und September weitere Vor-Ort-Termine wie bestuhlte (Akustik-)Konzerte folgen. -pat

Topsy Turvy

Solange Abstand der neue Anstand ist, sind Tanzlokale tabu. Das Topsy ist derzeit bei freiem Eintritt als Bar geöffnet, die Gäste werden am Einlass registriert. Volker Hasch hat für ausreichend Sitzplätze mit genügend Abstand gesorgt; so ist derzeit auch die Tanzfläche bestuhlt. Hinzugekommen sind Semi-Outdoor-Sitzplätze im Foyer und zusätzliche Plätze im Freien. Viel Solidarität und Unterstützung erfährt das Topsy-Team von seinen Stamm-DJs, die weiterhin dafür sorgen, dass das Pult nicht verwaist und die Gäste trotz allem nicht auf den guten Sound verzichten müssen – auch wenn die Beats leiser sind als sonst. Die Barkarte wurde um Sommercocktails erweitert. Aktuelle Öffnungszeiten sind Do 21-3 Uhr sowie Fr+21-5 Uhr. -pat

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