Kommunalwahl in Karlsruhe 2024
Stadtleben // Artikel vom 29.04.2024
Am 9.6. wird der Karlsruher Gemeinderat für fünf Jahre neu gewählt. 15 Listen treten zur Kommunalwahl an. INKA hat die bereits im Gemeinderat vertretenen demokratischen Parteien nach ihren Plänen gefragt.
Kernthema
Die Grünen stellen die derzeit größte Gemeinderatsfraktion und im Wahlkampf das Thema Klimaanpassung in den Mittelpunkt. „Auch wenn wir global die 1,5-Grad-Grenze einhalten, bedeutet das für Karlsruhe eine Erhitzung von durchschnittlich vier Grad oder mehr“, sagt Aljoscha Löffler. Mit Oberflächenentsiegelungen, Grünanlagen und Trinkwasserangeboten wollen die Grünen die Folgen der Klimakrise in der Stadt lindern. Um die Zukunft will sich auch die CDU kümmern. Die Sanierung von Schulen sowie eine verlässliche und flexible Kinderbetreuung nimmt sich die derzeit zweitgrößte Fraktion vor. Eine „Bevormundung“ der KarlsruherInnen wie durch die „derzeitige Agenda gegen den autofahrenden Teil der Bevölkerung“ lehnt sie ab. Die Partei des OBs will vor allem „zuverlässig“ sein. Allgemein verspricht die SPD eine „zukunftssichere Politik“, bezahlbaren Wohnraum und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen. Das Thema Wohnen steht für die FDP ganz vorne. Dazu sollen die Alternativen zum Auto in der Mobilität gestärkt werden. „Stadt für alle“ heißt es bei der Links-Partei, die mit bezahlbarem Wohnraum, guten Arbeitsplätzen und Schulen, kostenfreien Kitas, einer intakten Umwelt, einem sozialen Gesundheitswesen, einem ausgebauten, kostenfreien Nahverkehr sowie bezahlbarer Kultur- und Sportangebote eine Vielzahl an Maßnahmen verspricht. Bei der Karlsruher Liste (KAL) soll in der Stadtplanung die Gesellschaft und der Klimaschutz als Ganzes in den Blick genommen, die ganze Breite der Kultur unterstützt und eine offene Gesellschaft gefördert werden. Ihre „Bürgernähe“ wollen die Freien Wähler u.a. mit Bürgerentscheiden vor der Aufnahme von Großbauprojekten umsetzen.
Finanzen & Investitionen
Der aktuelle Stadthaushalt ist vom Sparen geprägt, doch vielerorts leidet die Infrastruktur an mangelnden Investitionen. Die Sanierung von Schulen nannten fast alle angefragten Parteien daher als eine Priorität. Die Grünen wollen zusätzlich in Klimaschutz und -anpassung investieren. Wie die CDU nannte sie die zu geringe Kofinanzierung des Bundes als Herausforderung aller Kommunen. Mit einer Abkehr vom „massiven Personalaufbau über das letzte Jahrzehnt“ könne der Haushalt entlastet werden, meint die CDU. „Ein Sanierungsstau kommt uns teurer zu stehen als notwendige Investitionen anzugehen“, sagt Yvette Melchien (SPD). Sie will vor allem in Baumaßnahmen für Kinder und Jugendliche investieren. Bei der FDP will man ein „Moratorium an Großprojekten“, stattdessen soll eine Senkung der Gewerbesteuern Unternehmen anlocken und die städtischen Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden, um die städtische Verschuldung zu reduzieren. Statt „fragwürdige Großprojekte“ und „Verschwendung öffentlicher Gelder“ durch das neue Pflaster auf der Kaiserstraße fordert die Linke massive Investitionen in Klimaschutz und Wohnungsbau. Auch bei die KAL hält einen „radikaler Sparkurs“ für „grundsätzlich falsch“. Zum Erhalt der Infrastruktur brauche es Investitionen. Die städtischen Prognosen hätten sich in den vergangenen Jahren im Nachhinein regelmäßig als zu negativ herausgestellt. Die Freien Wähler wollen ihre Finanzpolitik an einem ausgeglichenen Haushalt orientieren, der mit Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen, Priorisierung von Projekten wie der Turmbergbahn und attraktiveren Gewerbesteuern für die Ansiedlung neuer Unternehmen erreicht werden soll.
Wohnen
Mehr als 1.000 neue Wohnungen müssten in Karlsruhe eigentlich entstehen, um den Mangel an Wohnraum einzudämmen. Doch nicht erst seit der Krise in der Bauindustrie stockt der Wohnungsbau in der Stadt. Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wollen die Grünen den Geltungsbereich einer Mindestquote für sozialen Wohnraum über die Innenstadt hinaus erweitern. Dazu sollen „mindergenutzte Flächen“ wie Garagenhöfe in der Innenstadt für den Wohnungsbau genutzt werden. In der CDU sieht man die Lösung in einer effizienteren und schnelleren Verwaltung. Zu häufig wären die städtischen Anforderungen zu hoch. Wenn schnell gebaut werden müsse, könnten nicht alle Ziele der Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Dagegen will die SPD die vorhandenen Flächen so „kreativ, sozialverträglich und ökologisch“ wie möglich bebauen. Ihr Ansatz: bestehende Programme stärken und vorhandene Flächen effizienter nutzen. Viele, auch kleine Möglichkeiten will die FDP nutzen. Das Überbauen von Discounterparkplätzen, Wohnen in der Innenstadt oder Tiny Houses als Ergänzung hätten sie bereits vorgeschlagen. Es brauche einen „Wohnraumgipfel“ in Karlsruhe. Im Wohnungsbau würden die kommunalen Möglichkeiten und Vorgaben nicht ausreichend genutzt, klagt die Links-Fraktion. „Die Stadt Karlsruhe müsste eine Kehrtwendung machen und gute und bezahlbare Wohnungen zum vorrangigen Ziel kommunaler Politik machen.“ Schneller bauen, fordert die KAL. Dazu müssten „innovative und nachhaltige Bauweisen“ bspw. im Bereich des seriellen Bauens genutzt werden. Der Sanierung müsse grundsätzlich der Vorzug vor dem Neubau gegeben werden. Die Freien Wähler sehen das Bauen bezahlbarer neuer Wohnungen vor allem als Aufgabe der städtischen Volkswohnung. Ihre Gewinne zum Stopfen städtischer Haushaltslöcher statt zum Wohnungsbau zu nutzen, sei ein Fehler gewesen. Dies sehen auch Grüne, FDP und Linke so. „Es ist bei dem angespannten Wohnungsmarkt schändlich, dass eine Gemeinderatsmehrheit der Meinung war, der Volkswohnung Geld zu entziehen“, heißt es von der FDP. Sie, die Grünen, die Linke und KAL fordern auch mehr Konzeptvergaben, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dabei können sich Baugruppen oder Genossenschaften bewerben, um städtische Grundstücke selbst zu bebauen.
Und was passiert mit der Majolika?
Seit Jahren ist der Umgang mit einem der ältesten Kulturdenkmäler der Stadt ein Zankapfel. Die Stadt bezuschusste die Majolika und erhielt den Zuschuss über die Miete wieder zurück. Dann übernahm der Immobilienunternehmer Gröner die Manufaktur, versucht darüber Zugriff auf das städtische Grundstück zu erhalten und scheiterte damit. Für die Grünen dürfen durch die Nutzung der Majolika keine Einschnitte in das Naturschutzgebiet oder das denkmalgeschützte Gebäude entstehen. Daran sei bisher jeder private Investor gescheitert. Dagegen hofft die CDU-Fraktion noch, „dass ein Investor die Majolika wirtschaftlich so weiterentwickeln kann, um diese Karlsruher Tradition zu erhalten“. Auch die SPD will, dass ein Investor das Grundstück in Erbpacht übernimmt, um „die Keramikmanufaktur zu sichern und das Majolika-Gelände zu entwickeln.“ Auch die Freien Wähler wollen das Grundstück in Erbpacht abgeben, fordern aber die Einsetzung einer gemeinnützigen GmbH für den Majolika-Betrieb, einer Gesellschaftsform, die von Gröner abgewickelt wurde. FDP, Linke und KAL wollen die Majolika als Kulturbetrieb, „Haus der Bildung und Kunst“ bzw. „Zentrum für keramische Kunst und verwandtes Kunstgewerbe“ erhalten und dafür auch städtische Mittel bereitstellen. Hierzu müsse Gröner aber die Manufaktur wieder freigeben. -fk
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