Musik-Club-Kultur #VIII (gefühlt)

Stadtleben // Artikel vom 16.02.2009

Keiner ist so recht verantwortlich, und dem unbefangenen Beobachter drängt sich auch mit dieser INKA-Ausgabe der Eindruck auf, alles sei vielfältig, bunt und gut so: Es geht mal wieder um das Thema Musik-Club-Kultur.

Während die einen sich bereits, ohne bislang große Programminhalte zu präsentieren, den Titel „soziokulturelles Zentrum“ ans Revers heften können und andere wie etwa das Kohi in der Südstadt (zu Recht) auf das Wohlwollen der städtischen Kulturmacher zählen dürfen, knirscht und kracht es andernorts gewaltig. So ist der Konflikt des Vereins Crazy Kong, der sich vor allem um die hiesige Newcomer-Musikszene kümmert, und dem Rotlichtbetreiber, der sein Business von Livemusik gestört fühlt, exakt zur Veröffentlichung dieser Ausgabe vor dem Landgericht gelandet, der Streitwert sechsstellig, der Ausgang ungewiss. Felix Mescoli hat dem Thema erneut hinterherrecherchiert.

Das Gotec hat ein Problem: Man sucht händeringend einen neuen Standort! Eine verheerende Mietpreisexplosion hat die Grundmauern des Gastspielhauses in der Gablonzer Straße erschüttert. Die Folge: Akute Einsturzgefahr. „Wir planen aktuell nur von Monat zu Monat“, sagt Daniela Zimmermann, „irgendwann ist Hartz IV wahrscheinlich dann doch attraktiver“. Besonders frustrierend ist für die Gotec-Macher, dass sie trotz Erfolg in die finanzielle Schieflage geraten sind. „Wie die Jahre davor haben wir den Umsatz 2008 gesteigert“, sagt Zimmermann. Doch das Plus wird komplett von den gestiegenen Kosten aufgefressen. Tja, that’s Marktwirtschaft.

Die Lösung: Sparen, also kostenintensive Bookings aus dem Rockbereich sowie Veranstaltungen mit Newcomern weglassen und noch mehr Kohle reinholen. Nur sehen die Gotec-Macher die Entwick­lungsmöglichkeiten unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ausgereizt: „Das Ausgehverhalten hat sich verändert. Die Leute gehen vor zwölf oder eins nicht in den Club, das heißt, es bleiben uns bei den gegenwärtigen Sperrzeiten ab fünf Uhr gerade mal dreieinhalb bis vier Stunden, um unseren Betrieb zu finanzieren“, sagt Wolfgang „Wolle“ Rappold.

Verschärft wird die Situation durch massive Konkurrenz aus dem sperrzeitfreien Rheinland-Pfalz wie dem Loft in Ludwigshafen, Katapult in Neustadt und Freiraum in Landau. Hinzu kommen laut Wolle Karlsruher Mitbewerber, die es mit dem Einhalten von Auflagen nicht so genau nehmen. Die Stadt steht dem Phänomen der Wettbewerbsverzerrung durch nicht eingehaltene Sperrzeiten etwas hilflos gegenüber, denn die werden in der Regel nur überprüft, sobald sich jemand – etwa wegen Lärm – beschwert. „Solche Verstöße müsste halt jemand anzeigen“, erklärt Björn Weiße, Chef des Amtes Bürgerservice und Sicherheit (BuS).

Allerdings könnte sich zumindest dieses Problem des Gotec bald von selbst lösen: „Die Sperrzeiten sind auf Landesebene in der Diskussion und werden wohl weitestgehend aufgehoben“, sagt Weiße. „Das heißt allerdings nicht, dass dann jeder Discobetreiber in der Innenstadt Vollgas geben kann, sondern es bedeutet lediglich, dass etwaige Sperrzeitverkürzungen (also Verlängerungen der Öffnungszeiten, Verf.) den Kommunen anheim gestellt werden“, stellt der BuS-Chef klar. Also schau’n mer mal, wie man in Bayer sagt, wo die Sperrzeiten übrigens schon gefallen sind.

Auf die Umzugsfrage ist keine schnelle Antwort in Sicht. Eine erste Besichtigungstour auf dem Schlachthofgelände verlief ergebnislos. „Es war nicht zu erfahren, wann was zu welchen Konditionen überhaupt verfügbar wäre“, sagt Wolle leicht konsterniert. „Das wäre aber schon essenziell, denn bisher kann ich von einer tollen Location im Schlachthof zwar träumen, aber ich weiß nicht, ob ich sie mir leisten kann.“ Dabei stünden dem Kulturpark ein paar weitere Kulturtreibende ganz gut zu Gesicht. Bisher harrt hier Plüschi als „first Mover“ mit seiner Alten Hackerei weiterhin alleine aus, und selbst deren Zukunft steht in den Sternen: „Ich weiß nicht, was nach Juni ist“, sagt Plüschi.

Das Gebäude muss saniert werden, und ob es dann ein Ausweichquartier für die Hackerei oder ein anderes Provisorium auf dem Gelände gibt, ist bisher ungeklärt. Plüschi: „Noch mal umziehen, ohne zu wissen ob sich auf dem Gelände überhaupt noch mal was bewegt, das mache ich jedenfalls nicht.“
Derzeit scheint sich außer dem Umzugstermin des Substage, der gerade auf Anfang 2010 verschoben wurde, im Kreativpark jedenfalls nicht allzu viel zu bewegen. Die letzten News auf der Webpage der AG Kreativpark Ost stammen vom 16.5.2006, Nachrichten über irgendwelche Neuansiedlungen sucht man hier vergebens!

Auch hinter dem Hallenneubau des Veranstalters Onstage steht derzeit wieder ein großes Fragezeichen. Der betreffende Bauplatz muss zunächst europaweit ausgeschrieben werden. Und die Frage bleibt, ob nach der Erweiterung des Tollhauses überhaupt eine weitere 2.500er-Halle in Karlsruhe Sinn macht. Für die Bebauung der anderen, einst als Filetstücke angepriesenen Grundstücke an der Durlacher Allee habe man derzeit keine Interessenten, räumt Michael Obert ein. Der FDP-Baubürgermeister ist dennoch weiterhin optimistisch. „Der Schlachthof füllt sich“, sagt Obert und verweist auf das sich belebende Filmhaus.

Hier hat sich im Januar die Filmfirma Tema angesiedelt. Laut Oliver Langewitz, der mit seinem Verein Filmboard Karlsruhe in der anderen Gebäudehälfte logiert, laufen auch Gespräche über die Nutzung des Mittelbaus für Veranstaltungen der Filmleute. Richtig was laufen soll auf dem Schlachthofgelände am Kinderkulturtag mit KiX – Dem Kulturfestival für Kinder vom 25.-29.5. mit Workshops, Veranstaltungen und vielem mehr. Ob dann das Gotec noch immer auf der Suche ist? -mex

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