Neue Hochhäuser am Ettlinger Tor

Stadtleben // Artikel vom 01.06.2023

Die Baustellen und die Veränderungen der Stadt sind noch immer allerorten sichtbar.

Am Ettlinger Tor stehen gleich drei Gebäude kurz vor dem Abriss. Das Landratsamt, die Seitenflügel des Markgräflichen Palais und das ehemalige Postgiroamt sollen in den kommenden Jahren durch Neubauten ersetzt werden. Obwohl der Kreistag derzeit kontrovers über die Sinnhaftigkeit diskutiert, hält der Landkreis Karlsruhe an seiner Planung für einen Neubau des Landratsamts fest. Das geplante Hochhaus würde mit 90 Metern zum höchsten Gebäude der Stadt werden. Im Verlauf der Planungen wurde das Gebäude immer größer und höher. Aus ursprünglich 20.000 wurden 64.000 Quadratmeter, wobei sich der anvisierte Kostenrahmen auf fast 400 Millionen Euro vervierfachte. Allein für die Planung des Baus sind 30 Mio. Euro veranschlagt.

Ursprünglich wollte auch die Stadt Karlsruhe neben dem Landratsamt ein eigenes Hochhaus bauen. Zuletzt ist die Verwaltung aber von den Plänen eines gemeinsamen Baus abgerückt. Es bestehe auf Seiten der Stadt noch zu wenig Klarheit über die künftige Nutzung und bauliche Gestaltung eines solchen Hochhauses. Doch die Planungen zum neuen Landratsamt bestimmen wesentlich den Städtebau rund um das Ettlinger Tor. Denn die Höhe dieses Hauses bestimmt auch, wie hoch die umliegenden Gebäude gebaut werden dürfen. Das betrifft vor allem das gegenüberliegende Areal des ehemaligen Postgiroamts. Im Planungsausschuss wurde hier bereits ein 70 Meter hohes Hochhaus diskutiert.

„Ich baue das, was der Markt nachfragt“, sagt der Freiburger Investor Hans-Peter Unmüßig, der das Grundstück erworben hat. Nur wenige 100 Meter entfernt hat er bereits das Motel One auf der Kriegsstraße errichtet und entwickelt auch Bauprojekte in Frankfurt, Freiburg, Heidelberg und Stuttgart. Für das ehemalige Postgiroamt schwebt ihm ein Hochhaus mit Restaurants, Einzelhandel, Büros und Dienstleistungen vor. Auch Wohnraum sei vorstellbar, denn in diesem Bereich gäbe es Bedarf. Durch die Nähe zum Staatstheater und dem Kongresszentrum denkt Unmüßig aber auch an ein Hotel und Boarding Houses. Der geplante Bau und sein Nutzungskonzept sei „nicht nobelpreisverdächtig“, trotzdem verspricht er eine „städtebaulich schöne Lösung“. Derzeit rechne er mit einem Projektvolumen von rund 200 Mio. Euro.

Vorbild könne ein derzeit im Bau befindliches Bürozentrum in Stuttgart-Degerloch sein, sagt er im INKA-Gespräch. Noch würden die Räume übergangsweise durch das Landratsamt und die Stadt Karlsruhe genutzt. Nach dem Ende des Mietvertrags will Unmüßig mit dem Abriss und Neubau beginnen. Die Stadtverwaltung wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Die Öffentlichkeit solle von ihren Vorstellungen der Neugestaltung des Ettlinger Tors erst bei einem „Stadtbau-Forum“ am 27.7. zum Beginn der Sommerferien erfahren.

Bei der künftigen Nutzung des Hochhauses will sich Unmüßig aber ohnehin nicht reinreden lassen: „Wir werden das unterbringen, was nachgefragt wird. Da wird uns niemand Vorschriften machen.“ Auf eigenen Gestaltungsspielraum durch die Nutzung des Vorkaufsrechts verzichtete die Stadt bereits beim Markgräflichen Palais, das stattdessen an die PSD Bank ging, die dort einen „Geschäfts- und Bürokomplex“ errichten will. In der FAZ wurden der Vorgang und die Planungen als „kultureller und ökologischer Kahlschlag“ kritisiert. Die Geschichte der Stadt und das architektonische Erbe Friedrich Weinbrenners würden „verscherbelt“. Auf Anfrage wollte sich die Stadtverwaltung auch zu dieser Kritik nicht äußern. Abgerissen werden noch zwei weitere Gebäude in der der Innenstadt: Peek & Cloppenburg und das Gebäude des Stephansaals.

Angesichts der insgesamt fünf Projekte fragte die Links-Fraktion im Gemeinderat jüngst, ob Karlsruhe zur „Abrissstadt Nummer eins“ werde. Ihre Sorge galt nicht nur den verloren gehenden Kulturdenkmälern: „Die als Ersatz geplanten Neubauten werden vielfach gestalterisch hinter den Ursprungsbauten zurückstehen“, ist die Links-Fraktion überzeugt. Zudem würden durch die Abrisse große Mengen an grauer Energie verschwendet und Sondermüll produziert. Zum Umfang des zu erwartenden Mülls und der ungenutzten grauen Energie konnte die zuständige Stabsstelle im Rathaus keine Angaben machen. Die läge in privater Hand oder sei nur mit großem Aufwand zu ermitteln. Der Stadtverwaltung sei aber bewusst, dass eine „Neubebauung immer mit erheblichen CO2 -Emissionen einhergeht“. -fk

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