Neue Verbrennungs­an­lagen Teil II

Stadtleben // Artikel vom 02.04.2007

Über dem Rhein ziehen dunkle Wolken auf: Gleich mehrere Verbrennungsanlagen befinden sich dort in Planung, INKA hat darüber berichtet. Nun droht aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) neues Ungemach.

Die Papierfabrik Stora Enso in Maxau konkretisiert ihre Pläne zum Bau einer eigenen Verbrennungsanlage, Mitte Februar fand beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein ers­ter Sondierungstermin statt. Geplant ist eine Verbrennungsanlage zur Eigenversorgung mit Wärmeenergie, obwohl diese, wie Achim Schwind, Geschäftsführer des BUND-Regionalverbands Mittlerer Oberrhein in einer Pressemitteilung moniert, "in räumlicher Nähe im Überfluss vorhanden" sei.

Verhandlungen mit der EnBW über die Belieferung mit Wärme hat Stora Enso beendet, da eine eigene Investition betriebswirtschaftlich sinnvoller sei. Teil der eigenen, laut Geschäftsführer Wolf-Dieter Hohn "zeitgemäßen" Lösung soll auch die Abschaltung von veralteten Teilen der bestehenden Anlage sein. Bereits heute unterhält das Unternehmen ein 300-Megawatt-Kraftwerk mit fünf Kesseln zur Erzeugung von Strom und vor allem Prozessdampf für die Papierproduktion.

Giftschlacken für den Deichbau in Holland

Wurden hierzu nach Unternehmens­an­gaben bislang 90 Prozent Erdgas sowie zehn Prozent Biomasse verfeuert, soll die neue Anlage vor allem mit Steinkohle beschickt werden. Daneben sei die Verbrennung von eigenen Produktionsabfällen wie Papier­schlamm und Baumrinde, Altholz, bei Bedarf zugekauftem Grünschnitt oder Holz­häcksel sowie Ersatzbrennstoffen vorgesehen.

Freimütig erklärt Hohn auf Anfrage, was letztere sind: Verpackungsfolien und Beilagen wie Kinderspielzeug, die beim Zukauf von alten Zeitschriften für das Papierrecycling anfallen. Das vom BUND auf 700.000 Tonnen jährlich bezifferte Volumen der Anlage "kann und will ich nicht nachvollziehen", sagte Hohn am 15. Februar gegenüber ka-news und bezeichnete diese Zahl in den BNN am gleichen Tag als "unbegreiflich". Dort widersprach er auch dem Vorwurf des BUND, eine Müllverbrennungsanlage zu planen und ließ verlauten: "Wir werden keinen Müll von außen und auch keinen Hausmüll verbrennen."

Zwar stehe der Brennstoffmix noch nicht fest, aber im Betrieb mit Steinkohle wären weniger als 200.000 Tonnen jährlich ausreichend.Hohns Darstellung stößt bei den Um­welt­schützern auf massiven Wider­spruch. "Wenn die sagen, sie wollen Altholz und Reststoffe verbrennen, dann sind das Euphemismen", erregt sich Harry Block vom BUND-Orts­verband Karlsruhe. Altholz sei häufig mit Holzschutzmitteln und Lacken verunreinigt und damit hochgradig belastet.
Wie bei der Verbrennung von Kunststoffen entstünden schädliche Abgase sowie hochgiftige Schlacken. "Aber die kann man ja als Bau­material für den Deichbau nach Holland verkaufen", meint Block bitter.

Die Zahlen, mit denen der BUND an die Öffentlichkeit ging, entsprächen exakt jenen, für die Stora Enso eine Genehmigung beantragt habe. "Diese Zahlen liegen mir schriftlich vor", so Block.

Dicke Luft im Städtischen Klinikum?

Im Genehmigungsverfahren will der BUND Lücken beim Schutz von Bevöl­ke­rung und Umwelt offen legen. Schon heute blasen nach Blocks Angaben alle Karls­ruher Industrieanlagen pro Jahr 206 Ton­nen Feinstaub in die Luft, vor allem im "Emis­sions-Ballungsgebiet" Rheinhafen. Dort befinden sich die 1.480-Megawatt-Kraft­werksblöcke der EnBW, die Miro-Raffinerien sowie zwei Klärschlammverbrennungsanlagen der Stadt Karlsruhe mit einer Jahreskapazität von je 100.000 Tonnen.

Allein den Ausstoß der EnBW-Kraftwerke taxiert Block auf 80 Tonnen – den der bestehenden, wohlgemerkt. Bekanntlich befindet sich der Bau von zwei zusätzlichen Kraftwerken der EnBW mit rund 1.200 Megawatt in der Ausführungsplanung, während die Papierfabrik Palm in Wörth mit dem Bau einer Reststoffverbrennungsanlage ihre Verbrennungskapazität ebenfalls vergrößern will. Stora Enso, so erwartet der BUND, wird weitere 30 Tonnen Feinstaub beisteuern. Auf wie viel Tonnen sich der jährliche Feinstaubausstoß des geplanten, "hoch modernen" EnBW-Steinkohlekraftwerks belaufen werde, habe der Energiekonzern nicht aufgeschlüsselt, erklärt Block.

Der Gesamt-Staubausstoß der EnBW-Kraftwerke am Rhein aber werde sich künftig auf 416 Tonnen jährlich belaufen – darunter 613 Kilogramm Blei, eine Tonne Cadmium sowie die gleiche Menge Tellur. "Die Kraftwerke haben heute eine Bombenverbrennung, was aus den Schornsteinen kommt, ist alles lungengängig", erläutert Block. Zwar werde der Staub weiträumig verblasen. Doch genau hier setzt ein weiterer Punkt der Kritik an Stora Enso an. Der geplante Schornstein sei mit 99 Metern viel zu niedrig, bei entsprechender Windrichtung werde der Dreck bis in die Stadt geblasen. Block: "Stora Enso hat beim Regierungspräsidium den Hauptkegel aufgezeigt, innerhalb dessen der Staub verblasen wird. Das Städtische Klinikum liegt mittendrin." -de

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