Perfekt Futur, ein ausgezeichnetes Zentrum für Gründer

Stadtleben // Artikel vom 12.12.2019

Sechs Jahre nach Eröffnung des Perfekt Futur erntet die Gründerförderung rund um den Alten Schlachthof bundesweit Lorbeeren.

Die Jury des erstmals vergebenen Awards „Innovative Wirtschaftsförderung“ lobte das ganzheitliche Karlsruher Konzept zwischen Dortmund und Düsseldorf auf den zweiten Platz unter 85 Einreichungen von Städten ab 100.000 Einwohnern. Die zu Büro- und Atelierräumen umgebauten Seefrachtcontainer in der ehemaligen Schweinemarkthalle beherbergen rund 70 aufstrebende Nachwuchsunternehmen aus der Kreativ- und Tech-Branche, die hier gemeinsam werkeln und wachsen können. Fünf Musterbeispiele stellen wir näher vor, darunter auch einige Frischlinge.
www.perfekt-futur.de

Hanna Rohde
Eine „verkorkste Idee“ wird zur Erfolgsgeschichte: An einem geselligen Abend wünscht sich ein Jungwinzer von Hannah Rohde die Anfertigung einer stilvollen Korkfliege. Rohde, an der Weinstraße aufgewachsen und seit früher Kindheit fasziniert von Kork(en), fängt Feuer und setzt die Idee in die Tat um. Eine Eintagsfliege? Weit gefehlt. Mittlerweile gibt es rund 30 verschiedene Modelle in abwechslungsreichen Designs: Die einen Korkschleifen zieren schottische Karos, englischen Tweed oder hawaiianische Blätter, andere kommen himbeerfarben, olivgrün oder im obligatorischen Weinrot daher. Das Modell „Weinstraße“ ist mit seiner feinen, sandfarbenen Korkstruktur eher klassisch, während goldene Zierfäden die „Klondike Gold Rush“ veredeln. Neben Korkfliegen für Kinder hat Hannah Rohde auch Lady-Accessoires wie Clutches, Schmuck und sogar Hosenträger für ihn im Sortiment. Kork gilt aufgrund seiner Haptik als „veganes Leder“ und ist einer der ältesten, nachwachsenden Rohstoffe. Gewonnen wird er aus der Rinde der Korkeiche, die 200 Jahre alt werden kann. Die Bäume leben nach der Schälung weiter. Durch spezielle Schneide- und Klebetechniken wird Kork behandelbar wie Stoff oder Leder und überzeugt durch seine extrem elastische Membran. -fd
www.hannahrohde.de

Schere Schrift Papier
Antje Becker kann ohne kreatives Arbeiten nicht sein und möchte auch anderen die Möglichkeit geben, sich gestalterisch auszuprobieren. Ab Januar bezieht sie mit „Schere Schrift Papier“ einen Container im Perfekt Futur. Wer bei Beckers Workshops mitmacht, kann AnfängerIn oder Fortgeschrittener sein, vier Projekte auf einmal am Laufen haben oder (noch) ein Bastelmuffeldasein fristen. Antje Becker hat verschiedene Themenschwerpunkte: In Handlettering-Workshops lernt man die spielerische Kunst, eigene Schriftzüge von Hand zu gestalten. Wer das Brushlettering mit dem Pinselstift beherrscht, will ihn danach nicht mehr aus der Hand legen müssen. Die „Punch Needle“-Workshops vermitteln den Umgang mit der Stanznadel, mit der sich vom T-Shirt-Aufnäher über Kissenbezüge bis zum Teppich vielseitige Accessoires herstellen lassen. Auch Stempelschnitzen und Sticken sind im Angebot. Ein Special-Format ist der „Crafternoon“: Hier bringt jeder sein eigenes Projekt mit, an dem man dann gemeinsam mit anderen DIY-Liebhabern weiterarbeiten kann. Die Workshops sind auch für Feiern, Geburtstage und Unternehmen buchbar. Weitere Themen und Veranstaltungen kommen im neuen Jahr hinzu, z.B. der Kreativ-Vormittag für Mamas oder Papas in Elternzeit mit ihren Kleinen. Für das richtige Material, Verpflegung und Ambiente ist in jedem Fall gesorgt. -fd
www.schereschriftpapier.de

Etit Systems
Noch im Studentenwohnheim gründeten Aygen Selçuk und Bao An ihr Start-up Etit Systems; im Frühjahr 2019 bezogen die beiden am KIT ausgebildeten Ingenieure einen Container im Perfekt Futur. Etit Systems entwickelt das KI-gestützte Softwaretool „Smart Search“, mit dem Unternehmen aus der Elektronik-Branche Angebote einfacher und erfolgsversprechender erstellen können. Fallbeispiel: Ein Automobilzulieferer entwickelt eine Baugruppe für Autos, wird diese aber nicht selber produzieren. Es erfolgt eine Ausschreibung an zehn bis 15 externe Zulieferer (Electronics Manufacturing Services). Wer das schnellste und beste Angebot unterbreitet, bekommt den Auftrag. Ein solches Angebot zu erstellen kostet allerdings Zeit und ist meist komplex, da jedes Mal unterschiedliche Stücklisten aufbereitet, Baugruppen kalkuliert und spezifische Parameter berechnet werden müssen. „Smart Search“ beschleunigt diese Arbeitsschritte mithilfe seiner erlernten Wissensbasis und greift optional auch auf Datensätze bevorzugter Lieferanten zu. So kommt das Angebot schneller und punktgenauer und kann sich auch besser im Wettbewerb mit Playern aus Ländern mit niedrigeren Stundenlöhnen und daher mehr Manpower behaupten. Mittlerweile verbessern Kunden aus der gesamten Elektronikbranche von der Medizintechnik bis zur Autoindustrie ihre Effizienz mit „Smart Search“. -fd
www.etit.systems


Theaterland
Der ungewohnte Schwarzwald scheint für einen Niederländer inspirierend zu sein. Bei einer Autofahrt durch die urige Landschaft kam Rob Doornbos vor drei Jahren auf eine Idee, die ihm im Frühsommer 2019 einen Container im Perfekt Futur beschert hat. Seitdem hat das Theaterland seine Hauptstadt auf dem Schlachthof-Gelände, doch gehört ganz Karlsruhe zum Gebiet des Fantasiestaats. Theaterland macht Theater für alle KarlsruherInnen, jenseits von Alter, Geschlecht, Herkunft, Kultur und Schulbildung. Gemeinsam mit der Theaterpädagogin Friederike Wingerter sucht Doornbos die Menschen dort auf, wo sie sind und erarbeitet mit ihnen szenische Stücke in Workshops, Clubs und Produktionen. Die Themen werden im Dialog mit den Teilnehmern und dem Publikum entwickelt. Die beiden Gründer sehen Theater als wirkmächtiges Instrument zum lebenslangen Lernen, aber auch um das Stadtbild zu prägen und zu verändern. Veränderung ist auch das Thema, mit dem sich die Schlachthof-Kids beschäftigen. Der Theaterclub für Kinder kommt im Kreativraum Flow zusammen und freut sich über neue Mitglieder ab fünf. 2020 sind auch Kurse für Jugendliche und Erwachsene im Angebot. -fd
www.theaterland.de


Wind Wetter Zeug
„Wo ist denn diese Hose her?“ Die Bux hat schon so manche Eltern auf Spielplätzen fasziniert. Am Anfang war die Spiel- und Matschelhose, die Zora Heinicke für ihren Sohn anfertigte, als dieser begann, den Wald zu lieben. Aus dem Unikat hat die studierte Modedesignerin mittlerweile ein eigenes Label gemacht, das aller kindlichen Dreckaffinität entgegenkommt: Die Bux ist die Matschhose, die alles mitmacht und kommt ganz ohne Plastik und giftige Chemikalien aus. Zertifizierte Bio-Baumwolle und das leichte Wachsimprägnat sorgen dafür, dass sich die Hose nicht nur angenehm anfühlt, sondern auch für alle Wind- und Wetterlagen gewappnet ist. Lagerfeuerfunken im Juli? Schnee auf der Schlittenpiste? Sommerlicher Morgentau? Sonne, Sand oder stechlustige Insekten? Alles kein Problem für die Bux, mit der die Kids gemütlich und trocken statt klebrig-verschwitzt in jedes Abenteuer starten können. Für besondere Fundstücke hat die Hose eine Geheimtasche. Produziert wird sie in Deutschland und Polen, garantiert ohne Kinderarbeit und zu fairen Bedingungen. Die Hose in fünf Größen hat mit Jacke, Stirnband und Bundhose mittlerweile Geschwister bekommen und ist auf Wunsch sogar in Sonderanfertigung für Erwachsene zu haben. -fd
www.wind-wetter-zeug.de

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