Pressemonopol auf Bürgerkosten
Stadtleben // Artikel vom 12.02.2015
Auch wenn die Berufsempörten ihren „Je suis Charlie“-Button schon wieder gegen das nächste Aufregerthema eingetauscht haben – der Frontalangriff auf die Grundwerte der westlichen Demokratie sollte eigentlich auch dem letzten „Lügenpresse“-Wetterer schmerzhaft verdeutlichen, wie elementar die Freiheit des lauten Denkens ist.
Dass es längst nicht immer derart weltbewegend sein muss, wenn die daraus resultierende Meinungsvielfalt bedroht wird, beschäftigt uns nun schon einige Ausgaben lang. Denn Monat für Monat kann man die Uhr danach stellen, dass sich nach INKA-Drucklegung etwas tut in der Stadt. So auch Anfang Dezember, als der in unmittelbarer Konkurrenz zum jährlichen INKA Cityguide Einzelhelden stehende Einkaufsführer „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“ erschienen ist, kaum dass die Doppelnummer #103 im Proof war. Herausgegeben haben die 21x21-Zentimeter-Hochglanzbroschüre das hiesige Stadtmarketing und die mit ihr und der Kasig im Kooperationsmarketing verbandelte City Initiative – mutmaßlich jedenfalls.
Denn erfüllt wird bei diesem offensichtlichen Schnellschuss zur Vorweihnachtszeit nicht einmal das von einer Pressepublikation geforderte Mindestmaß: die in den Landespressegesetzen verankerte Impressumspflicht. Geschenkt. Ebenso der Titel mit dem Sex-Appeal einer Doktorarbeit. Abgesehen vom auf Schwarzweißfotos setzenden Layout trennt sich allerspätestens bei den grottigen, nicht selten vor inhaltsleeren Phrasen strotzenden Texten die Spreu vom Weizen; quadratisch von rund, „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“ von Einzelhelden. Warum also das Ganze nicht sportlich nehmen? Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und verstecken muss sich unser Cityguide optisch wie inhaltlich selbst vor ganz anderen Kalibern beileibe nicht. Weil das große Übel dieser (laut Angebot aus dem City-Newsletter des Stadtmarketings vom 30.6.2014) angeblich in einer Auflage von 25.000 Stück gedruckten, gut gemeinten Hilfestellung für den baustellengebeutelten Karlsruher Einzelhandel der unschlagbare Kampfpreis ist, mit dem fast alle Karlsruher Verlage gnadenlos in Grund und Boden gedumpt werden: 99 Euro die Seite inklusive Einspeisung in die „Be Partner“-App und Weiterverwertungsrecht des von einem Profifotografen erstellten Bildmaterials; an City-Ini-Mitglieder wird dieses Paket zu nicht mal 50 Euro verschleudert.
Damit liegt die Hochglanzpublikation noch unter dem Minifolder „Beste Adressen“. Gelassen sehen kann das alleine die aus der Kooperationsmarketings-Schatulle schon üppigst bediente BNN-Monopolpresse samt „Sonntag“ und „Kurier“. Der Umsatz des zwischen Juni und Anfang Dezember aus dem Boden gestampften Einkaufsführer-Projekts lässt sich an einer Hand abzählen: rund 5.000 Euro. Dabei muss der blanke Druck nach aktueller Marktlage zwischen 20.000 und 30.000 Euro gekostet haben; Layout, „Redaktion“ und Vertrieb nicht eingerechnet. Durch diese wettbewerbsverzerrende Subvention aus Steuergeld entsteht nicht nur dem INKA Verlag erheblicher Flurschaden – auch, weil die Akquise für „Inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe“ parallel zu den Einzelhelden gelaufen ist. Sollte sich dieser Dumpingpreis etablieren, können auf Dauer alle INKAs, Klappe auf Specials und Lust auf Guts einpacken. Was der Residenz des Rechts in Sachen Pressemonopol droht, kommt den gleichgeschalteten ungarischen Medienverhältnissen jedenfalls schon gefährlich nahe.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich trotz des Spottpreises lediglich 44 Unternehmen porträtiert haben. Warum fünfstellige Steuergelder in die Hand genommen werden, um in den Karlsruher Pressemarkt einzugreifen, für ein Produkt, das in wesentlich besserer Form bereits erfolgreich eingeführt ist, bleibt rätselhaft. Kuriose Randnotiz: Auf dem zugehörigen Plan sind acht Unternehmen falsch eingezeichnet. So hat unter anderem Papier Fischer mit Rasselfisch den Standort getauscht... Diese und andere Ungereimtheiten fielen auch den Kollegen der „Rheinpfalz“ auf, die am 19.12.2014 unter der Headline „Einkaufsführer verirrt sich in der Baustellen-Stadt“ über die so gut wie nicht auffindbare „Rohrkrepierer“-Image-Broschüre berichteten, bei der es sich offenbar auch aus anderen Gründen um ein hochselektives Produkt handelt: Denn längst nicht alle der knapp 350 als inhabergeführte Innenstadt-Unternehmen im Index gelisteten Geschäfte und Gastronomen, ja nicht einmal alle City-Initiative-Mitglieder wurden gefragt, ob sie an dem Schnäppchen-Objekt partizipieren möchten. Einen Schlag ins Kontor bildet das Machwerk auch für den Projektgeschäftsführer des Stadtmarketings, Martin Wacker, der für das „alte“ Stadtmarketing den „Stadtgeburtstag“ aus dem Feuer holen darf: KA 300 kommt nicht einmal in Logo-Form vor... -pat/rw
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