Refucation: Deutsch für Flüchtlinge

Stadtleben // Artikel vom 31.01.2016

Die Zeit in der Erstunterkunft kann für einen Flüchtlinge lang und länger werden.

Nicht nur der einzelne Tag besteht aus Warten, sondern viele Tage der Unsicherheit und der erzwungenen Untätigkeit reihen sich aneinander, manchmal werden daraus sechs oder gar zwölf Monate. Während dieser Zeit steht ihnen noch nicht zu, einen Deutsch-Unterricht oder einen Integrations-Kurs zu belegen. Auch werden sie häufig nochmals und nochmals in andere Unterkünfte verlegt. Ehrenamtliche, die in solchen Unterkünften Deutsch unterrichten, stehen damit einer Lernergruppe gegenüber, die zum einen sehr heterogen ist, zum anderen sich aber auch ständig neu zusammensetzt. Außerdem unterrichtet jeder so, wie er oder sie denkt, dass es richtig ist, bzw. in die eigene Energie und Zeit passt. Viele der Ehrenamtlichen machen zudem dafür ihre Unterrichtsmaterialien selbst.

So können zwar wirklich die ersten Brocken gelernt und gelehrt werden, dennoch ist es sehr anstrengend Nicht-Lateinschreiber und fortgeschrittene Fremdsprachen-Sprecher, Kinder, Jugendliche und Analphabeten gleichzeitig zu unterrichten. Diese wiederum können unter solchen Bedingungen nur eine vage Ahnung von der Sprache erhalten, laufen dabei aber Gefahr, sich ein Kauderwelsch- oder wie es die Sprachwissenschaftler nennen: fossilierte Fehler - anzueignen. Das aber grenzt von vornherein aus der neuen Heimat aus, schwächt das Selbstbewusstsein und macht besonders berufliches Fußfassen schwerer.

Mit einem Lehrwerk, das genau auf diese Situation eingeht, versucht die Karlsruher Bürgerinitiative Refucation, ein Projekt des gemeinnützigen Vereins Kunstransit, diesem Dilemma entgegenzuwirken. Bestehend aus einem Alphabet-Teil mit jeweils Nomen, Adjektiven und Verben zum einzelnen Buchstaben, die allesamt analog zu Bildern stehen und damit übersetzt oder hergeleitet und auf Freedictionary nachgehört werden können, einem übersichtlich und ebenfalls mit vielen Bildern illustrierten Grammatikteil, immer gestaffelt von einfach bis fortgeschritten, und einem Thementeil, in dem Wortschatz anhand von Sachgebieten erweitert und gelernt werden kann, ist das Buch ein strukturierter Roter Faden für die ersten Schritte in die korrekte Anwendung deutscher Sprache.

Dieses kleine Bändchen (84 Seiten, DIN 4, Ringösenheftung) soll in ganz Baden-Württemberg in Flüchtlingsunterkünften verteilt werden. Um Druck und Vertrieb zu finanzieren veranstaltet Refucation am So, 31.1. von 10 bis 20 Uhr ein Benefiz-Konzert und eine Benefiz-Ausstellung in der Selbodstr. 3, Durlach. Dazu geben David Eckstein sowie die Schüler der Musikschule Tonkultur Konzerte, Proben der Zeichner des Buches, Marie-Helene Desrue und Michael Rickelt, und Künstler von „Illustrators For Refugees“ sind auf großen Plakaten zu sehen, die Künstlerinnen Judith-Marion Arndt und Christine Geesing stellen große Teile aus ihren Werkreihen zur Verfügung, deren Verkauf zu 50 Prozent an Refucation geht, die im selben Haus angesiedelte Physiotherapie-Praxis verlost Massagen, das Art-Cafe im selben Haus stellt seine Einnahmen dieses Tages zur Verfügung. Der Eintritt ist frei. Für Kinder gibt es einen Ort zum betreuten Spielen, eine Kunstbox und eine Waffelbäckerei. -ps/pat

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