Susanne Asche im INKA-Interview

Stadtleben // Artikel vom 26.05.2008

Seit Januar leitet Susanne Asche das Kulturamt der Stadt Karlsruhe.

Die Nachfolgerin von Michael Heck wurde 1955 in Paderborn geboren. Sie studierte in Marburg Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, promovierte dort 1984 an der Philosophischen Fakultät und legte zwei Jahre später ihr zweites Staatsexamen für das Lehramt in Hamburg ab.

Nach Lehraufträgen an der Universität Hamburg und Karlsruhe war die Literaturwissenschaftlerin und Historikerin ab 1987 im Stadtarchiv tätig. 1998 wurde sie Leiterin des Pfinzgaumuseums und stellvertretende Leiterin des Instituts für Stadtgeschichte der Stadt Karlsruhe. 2003 übernahm sie die Leitung des Fachbereichs Kultur der Stadt Offenburg und kehrte nun als Leiterin des Kulturamts nach Karlsruhe zurück.

Ute Bauermeister und Roger Waltz sprachen mit Susanne Asche über die ersten hundert Amtstage, neue Ideen, konkrete Pläne, die Nutzung der Nancyhalle und ihre persönlichen Steckenpferde.

INKA: Was gefällt Ihnen an der Karlsruher Kultur bereits besonders gut?
Susanne Asche: Das kreative Potenzial der Bildenden Kunst. Es wird in Karlsruhe sehr gut von Kunstakademie, Kunsthalle, ZKM, Städtischer Galerie sowie den zahlreichen Galerien vertreten. Die art Karlsruhe leistet hier ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Doch auch die Musik ist mit der Musikhochschule, dem ZKM, dem Staatstheater mit Oper und den zahlreichen Orchestern und Chören hervorragend aufgestellt. Das Theater verlässt traditionelle Spielorte und erobert das Rathaus, das Ballett hat einen guten Ruf. Es gibt eine große freie Kulturszene, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

INKA: Wo drückt denn am meisten der Schuh?
Asche: Man könnte in der Kinder- und Jugendkultur noch mehr machen. Ich bin davon überzeugt, dass kulturelle Bildung einen wichtigen Grundstein legt, um am zivilen Leben teilzunehmen. Möglichst viele Menschen sollten dazu bereits im Kindesalter die Chance bekommen. Wir wollen noch mehr Kinder- und Jugendkultur ermöglichen.

INKA: Wie groß ist eigentlich das Karlsruher Kulturamt?
Asche: Wir haben fünf Abteilungen: Städtische Galerie, Stadtbibliothek, Stadtarchiv/Stadtgeschichte, Allgemeine Kultur und Allgemeine Verwaltung. Die Leitung der Allgemeinen Kultur hat am 1. April Elke Mai übernommen. Insgesamt sind rund 180 Mitarbeiter im Kulturamt beschäftigt.

INKA: Haben Sie ein Konzept, um das kulturelle Angebot der Stadt auch außerhalb besser sichtbar zu machen?
Asche: Karlsruhe sollte als Kulturmetropole überregional mehr Beachtung finden. Allerdings stehen wir da in einer harten Konkurrenz zu allen größeren Städten. Da sind dicke Bretter zu bohren. Doch das kulturelle Angebot der Fächerstadt wird in wachsendem Maße wahrgenommen. Noch immer kämpfen wir mit dem alten Vorurteil der Beamtenstadt. Aber die sehr positive Entwicklung der vergangenen Jahre ist nicht aufzuhalten. Vieles läuft zudem inzwischen neben den herkömmlichen Medien übers Netz. Hier können wir mit der Universität, der HfG und dem ZKM punkten.

INKA: Ende Mai findet die "Webinale" in Karlsruhe statt. Sollte man große Web-Anbieter mehr in die Kulturarbeit einbeziehen?
Asche: Ja sicher, das sind interessante neue Partner. Wie gesagt, ob Kongresse, Zeitungen, Blogs oder synchron aufgeführte Konzerte, die Kultur macht sich das Netz samt neuen Techniken zunutze, das ZKM mit dem Medienmuseum zählt hier zu den Pionieren. Uns interessieren die künstlerischen Ansätze rund um die neuen Medien.

INKA: Konkret zu Karlsruhe: Was geschieht mit der derzeit leerstehenden Nancyhalle, nachdem Stardesigner Luigi Colani das Feld geräumt hat?
Asche: Hier soll ein außerschulischer Lernort im Bereich Kultur und Technologie entstehen. Wir haben für 2008 aus Stuttgart die „Experimenta“ eingekauft, die Ende des Jahres in der Nancyhalle zu sehen sein wird. Die Schülerakademie wird in der Nancyhalle ihren Ort finden. Doch auch Ausstellungen und Kulturevents finden hier ihren Platz. Während der Fußball-EM zeigen das ZKM, die HfG und das Kulturamt die Ausstellung „Gib mich die Kirsche!“ zum Thema Fußball und Mathematik. Auch das Staatstheater wird mit einer Produktion in die Nancyhalle gehen. Sowohl Kindertheater als auch die Jugendkunstschule oder Musikschulen können hier aktiv werden. Wir sind mit dem Stadtjugendausschuss im Gespräch. Ich bin glücklich, dass der Gemeinderat die Halle für die Kultur freigegeben hat. Allerdings können wir noch nicht genau wissen, wie die hohen Hallenräume zu nutzen sind, welche Chancen und welche Schwierigkeiten die ehemaligen Messeräumlichkeiten bringen werden.

INKA: Der ehemalige Kulturbürgermeister Ullrich Eidenmüller wollte die Nancyhalle in ein „LABKA“ (Laboratorium Karlsruhe) verwandeln und hier die kleinen Stadtteilmuseen bündeln. Was wird aus dieser Idee, für die bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde?
Asche: Die endgültige Nutzung der Halle ist noch nicht festgelegt. Wir nehmen uns zwei bis drei Jahre Zeit, um zu sehen, wie diese Halle, die momentan etwas restauriert wird, bespielbar ist.

INKA: Im Zuge der Bewerbung Karlsruhes als Kulturhauptstadt wurde bereits zweimal die „Lange Nacht des Rechts“ veranstaltet, wollen Sie das beibehalten?
Asche: Das Thema Recht bleibt in dieser Stadt selbstverständlich von Bedeutung und verbindet sich ebenso mit der Kultur wie die Technologie. Ob es nochmals eine „Nacht des Rechts“ geben wird, steht noch nicht fest. Die langen Nächte sind meiner Ansicht nach etwas ausgereizt. Wir haben die KAMUNA sehr erfolgreich eingeführt, die in jedem Fall bestehen bleiben wird. Aber ob wir mehr regelmäßig wiederkehrende Event-Nächte brauchen... Ich bin mir nicht sicher, wir werden darüber nachdenken.

INKA: Was passiert konkret im Kreativpark Ostaue?
Asche: Das alte Schlachthofareal wird künftig ein spannender kultureller Pool. Zum Tollhaus und dem Jazzclub gesellt sich bald noch das Substage. Der Gemeinderat hat die Grundlinie, eine Verzahnung von Gewerbe und Kultur, vorgegeben, die Umsetzung übernimmt die eigens hierfür gegründete Fächer-GmbH. Sie wird auch die entstehenden Gebäude vermieten.

INKA: Wird es dort auch günstige Künstlerateliers geben, um junge Akademieabsolventen an die Stadt zu binden?
Asche: Das steht noch nicht fest – eine Möglichkeit wäre es.

INKA:  Die Nachfrage übersteigt ja das Angebot, auch die Ateliers hinterm Bahnhof stehen auf der Kippe. Kommen wir jedoch zu einer anderen Sparte: Wie beurteilen Sie als Germanistin die Literaturszene der Fächerstadt?
Asche: Das Literaturmuseum leistet hier eine großartige Arbeit, ebenso die Stadtbibliothek. Sehr gut sind auch die mehrtägigen Aktionen wie die Kinderliteraturtage oder die Krimitage. Literatur ist jedoch ein eher einsames Geschehen, das Schreiben wie das Lesen. Vielleicht könnte ein Literaturfest ähnlich den Begleitveranstaltungen während der Leipziger Buchmesse die Literaturbegeisterten hervorlocken.

INKA: Im kürzlich der Presse vorgestellten Kulturwirtschaftsbericht schneidet Karlsruhe sehr gut ab. Die Kultur spielt zunehmend als harter Standortfaktor eine Rolle. Das umfassende Papier stärkt Ihnen den Rücken. Gleichzeitig streicht die öffentliche Hand immer mehr Stellen in Museen oder Bibliotheken, wie passt das zusammen?
Asche: Das hängt mit der Lage der öffentlichen Haushalte zusammen.

INKA: Ihr derzeitiges Lieblingsstück innerhalb der Karlsruher Theaterszene?
Asche: Mich hat die Inszenierung des frühen Stücks „Inferno“ von Peter Weiss sehr fasziniert. Übrigens auch eine Arbeit, die überregional wahrgenommen wurde mit Besprechungen sowohl in der SZ als auch in der FAZ.

INKA: Sie machen in Ihrem Beruf das, was viele in ihrer Freizeit tun: Theaterbesuch, Museum, Konzert. Wie entspannen Sie von den vielen Eindrücken der Kulturarbeit?
Asche: Ich wandere gerne, möglichst den ganzen Tag in der Pfalz oder in den Vogesen. Seit ein paar Jahren spiele ich Klavier. Wenn ich Zeit habe, lese ich – derzeit habe ich mir die Biografie über Susan Sontag vorgenommen.

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