Zehn Jahre INKA Verlag
Stadtleben // Artikel vom 16.09.2014
Zeit, ein Resümee zu ziehen.
INKA Stadtmagazin und INKA Regio zählen bekanntlich nicht zu jenen Printprodukten, die danach ausgewählt werden, wo sich eine Anzeige am besten platzieren lässt. Wir haben die Förderung von Kunst, Kultur und allem Kreativen in einem Radius von rund 50 Kilometern um Karlsruhe herum zum Ziel – auf Basis guter und (was heutzutage eher selten ist) selbstgeschriebener Texte. Und versuchen dabei, coole Läden, Einzelkämpfer zwischen IT und Zen, Existenzgründer und Gastronomen partnerschaftlich zu begleiten und nachhaltig zu supporten, auch mit unserem City Guide „Einzelhelden“. Das kann aber nur funktionieren, wenn genügend Anzeigenkunden einen Mehrwert in INKA und unserem Leserumfeld sehen und allen bewusst ist, dass es nur gemeinsam geht. Umgekehrt gilt: Je mehr Unterstützung wir haben, desto mehr Themen und unkommerzielle Geschichten können wir veröffentlichen – auch vor dem Hintergrund der noch Jahre andauernden Umbauarbeiten in der Stadt.
In Karlsruhe kam INKA 2004 gleich zwei Nomenklaturen in den Weg: der alternativen „Klappe auf“ und den BNN, zu deren Portfolio auch „Der Sonntag“ und „Der Kurier“ zählen. Durch den Wegfall von „Boulevard Baden“ fehlt ein weiteres Korrektiv; „Der Kurier“ hat im Gegenzug zweimal die Anzeigenpreise drastisch angehoben, „Der Sonntag“ dumpt gegen den „Rheinpfalz“-Ableger „Wochenblatt“, das wehrt sich wiederum mit Schleuderpreisen, die auch uns das Leben nicht leichter machen. Dabei erfreut sich ausgerechnet der Monopolist zahlreicher (auch städtischer!) Subventionen: Das städtische „Amtsblatt“ ist dem „Kurier“ zugeordnet, was dem Wochenblattmarktführer unbezahlbare Seriosität verschafft. Kooperationsmarketing und City Initiative tun ihr Übriges, wie auch die IHK: Deren Registerbekanntmachungen, seit der Einführung der Pseudo-GmbHs ohnehin ein wirklicher Witz, müsste man gesetzlich gesehen längst nicht mehr abdrucken – sie werden ganzjährig als halbseitige Fülleranzeigen in den BNN lanciert.
Auflagenstark sind die allerdings nur in der Region: Von den insgesamt 140.000 BNN-Exemplaren werden in Karlsruhe Stadt lediglich 38.500 abgesetzt (2001 waren es noch 45.000). Zum Vergleich: Der „Mannheimer Morgen“ hat trotz „Rheinpfalz“-Konkurrenz rund 80.000. Und wer in Bruchsal wohnt, bekommt nicht mit, was in Rastatt los ist – es gibt keine Durchlässigkeit der Regionen, auch nicht über den Rhein. Wir haben die Südpfalz redaktionell wie vertriebstechnisch sehr wohl im Fokus. Doch anstatt die durch langjährige Arbeit aufgebauten Strukturen von INKA Regio zu nutzen, um dort Baustellen- und Umleitungsinfos abzulegen, wird das Kooperationsmarketing als Subventionsfüllhorn missbraucht! Denn die Stadt selbst hat auf die medialen Veränderungen der letzten zehn Jahre kaum reagiert – obwohl sie hier einiges zum Guten hätte wenden könnte. Aber alle Marketingbudgets, die die Auswirkungen des Baustellen-Gaus erträglicher machen sollten, sind in den intransparenten Händen des aus City Initiative, Stadtmarketing und Kasig zusammengesetzten Kooperationsmarketings versteckt. So gut, dass teils nicht einmal die Aufsichtsräte der Kasig darüber Bescheid wissen. Dem zugute kommt das antidemokratische Konstrukt aus Stadtmarketing und der noch von Bürgermeister Manfred Groh installierten City Initiative. Deren Website ka-city.de wurde, nebenbei bemerkt, von Beginn an mit Inhalten der „Klappe auf“ gespeist; beide haben dieselbe Webfirma. Von daher ist INKA der natürliche Feind der City Ini. Eine Unterstützung der Belange von Karlsruhes Einzelhändlern sieht jedenfalls anders aus.
Denn das Budget des Kooperationsmarketings zur Abfederung der U-Strab-Folgen (rund fünf Millionen Euro sind noch im Topf) fließt zu rund 90 Prozent in die Medien „Sonntag“, „Kurier“ und BNN. Und zwar in Form teils hanebüchener PR-Anzeigen, die im anstehenden Herbst wieder die Monopolpresse überschwemmen werden. Okay, die Jubelartikel über den Baustellenfortschritt wollen schließlich auch irgendwie refinanziert sein, aber mit Marketing hat das nichts zu tun – abgesehen davon verstößt dieses Vorgehen gegen jegliche Compliance! Dass INKA bei Themen wie dem Kohlekraftwerk (mit mehrenen Reportagen vor der Entscheidung im Gemeinderat), der U-Strab und dem zweiten Bürgerentscheid (der massiv medial beeinflusst wurde, was die Stadt bis heute spaltet), dem Komasaufen oder zuletzt der Karl-Apotheke und der Investorenproblematik am Stephanplatz alternative Positionen in Sachen Lokalpolitik beziehen kann, ist auch dieser monopolistischen Karlsruher Presselandschaft geschuldet. Würde das in der Tagespresse diskutiert, wären wir diesbezüglich überflüssig. Aber eine Diskurskultur gab es in Karlsruhe ja noch nie; und wer sich dennoch etwas zu sagen traut, wird dezent darauf hingewiesen, er solle doch bitte bedenken, wes Brot er isst.
Schlimm genug, dass dies auch 2014 noch so ist. Denn die Situation der Qualitätspresse in Deutschland hat sich bekanntlich über die vergangenen Jahre stetig verschlechtert; allein im Lokalen ist noch Staat zu machen. Ablesen lässt sich das auch am Zustand der Stadtmagazine: Mitte der 90er waren die Berliner Blätter „Zitty“ und „Tip“ noch hochprofitable Projekte. Der „Tip“ hatte alle zwei Wochen eine 100.000er Auflage, die heute bei immerhin noch 30.000 liegt. Viele Stadtmagazine und andere lokale Produkte sind komplett blank, drucken per Copy und Paste nahezu unredigiert alles ab, was ihnen geliefert wird. Alleinstellungsmerkmal hat da schon, wer in der Lage ist, eine PR- oder Pressemeldung sauber abzuschleifen. Und so erfährt vieles, was in der Stadt (auch mit hohem ehrenamtlichem Aufwand) betrieben wird, jenseits von INKA kaum eine gute mediale Verbreitung. Nicht etwa weil die Anzeigenbudgets fehlen, sondern wegen des immensen redaktionellen Aufwands, „überparteilich“ jeden Monat alles zu erfassen, was wichtig ist. Wir versuchen, unsere Produktion durch Werbung zu refinanzieren. Denn Text (und zumal ein guter) ist viel wert! Egal ob Konzerttipp oder Gastro-Empfehlung – unsere sehr gute Leserakzeptanz basiert auf glaubwürdigen, eloquent formulierten Info-Artikeln.
Wir schreiben auch PR wie etwa Ladenporträts selbst und arbeiten daher so gut es eben geht mit Festangestellten, um den schwierigen Drahtseilakt der inhaltlichen Refinanzierung zu meistern, während die meisten Kollegen (von den wenigen festen Redakteursstellen im BNN-Dunstkreis einmal abgesehen) auf vogelfrei gestellt sind, teilweise selbst die Akquisiteure. Ein quasi genossenschaftliches Projekt, ein Crowdfunding der anderen Art... Dafür genießt INKA deutschlandweit einen exzellenten Ruf und gilt als eines der besten kostenlosen Stadtmagazine! Unsere Online-Ausgabe, die in Kürze erheblich ausgebaut wird, rangiert beim unabhängigen „Seitwert“-Ranking der Stadtmagazine auf Platz sieben, bereinigt um reine Online-Magazine sogar auf Platz vier bundesweit. Es gibt kein anderes Printprodukt, das Karlsruhe allen lokalpolitischen Querelen zum Trotz so positiv darstellt wie INKA – und dies als Botschafter der Stadt auch nach außen kommuniziert.
Zu unserem Glück gibt es hier aber noch genügend Unternehmen und Leser mit Abos der taz, SZ, FR, FAZ, „Welt“ oder der „Stuttgarter Zeitung“, die das goutieren. Und ein Magazin, das thematisiert, was andernorts (wenn überhaupt) nur in gezielt gestreuten Leserbriefen veröffentlicht wird. Wir nehmen die goldene Jubiläumsausgabe INKA #100 auch zum Anlass, unsere zeitlos schöne Website etwas aufzupolieren: Nach dem Relaunch am Mo, 15.9. erscheint inka-magazin.de im für Desktop-Geräte, Smartphones und Tablets optimierten Responsive Design. -rw/-pat
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